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HBS Böckler Impuls

Gleichstellung: Minijobs benachteiligen vor allem Frauen

Ausgabe 05/2011

Bis zum 25. März müssen Deutschlands Frauen dieses Jahr arbeiten, um auf das durchschnittliche Vorjahresgehalt der Männer zu kommen. Wichtiger Grund für den Verdienstrückstand: die Aufspaltung von typischen Frauentätigkeiten in Minijobs.

In Deutschland bekommen Arbeitnehmerinnen im Schnitt nach wie vor fast ein Viertel weniger Gehalt als ihre Kollegen. 2009 lagen die Stundenverdienste unverändert 23,2 Prozent auseinander - EU-weit sind es 17,1 Prozent, Tendenz fallend. Nur ein Teil der Differenz bei den Löhnen lässt sich durch unterschiedliche Qualifikation, Erwerbserfahrung oder Branchenzugehörigkeit erklären, so die Sachverständigenkommission in ihrem Gutachten für den Ersten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung. "Nach wie vor umfasst die Lohnlücke auch einen - schwer zu quantifizierenden - Anteil an Diskriminierung."

Besonders kritisch sehen die Experten die politisch geförderten Minijobs, die in der Mehrzahl von Frauen ausgeübt werden. Kurzfristig können diese durchaus vorteilhaft erscheinen, so die Kommission: Denn über den Ehemann bleibt die Minijobberin etwa krankenversichert, hinzu kommen Steuervorteile aus dem Ehegattensplitting. Auf die Dauer jedoch führten Minijobs in eine Sackgasse: Der Wechsel in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sei schwierig, eine eigenständige Existenzsicherung unmöglich. Über 85 Prozent der Minijobber erhielten nur Niedriglöhne. Das setze sich bis ins Alter fort, da geringfügig Beschäftigte keine auskömmlichen Renten aufbauen könnten.

Die Sachverständigen sprechen sich dafür aus, die Sonderstellung der Minijobs abzuschaffen. "Ziel muss es daher sein, alle Erwerbsverhältnisse sozialversicherungspflichtig zu machen", so die Experten.

Nach der Analyse der Kommission gibt es zudem zahlreiche frauendominierte Tätigkeiten, von denen selbst bei einem Vollzeitjob niemand leben kann. Da viele dieser Tätigkeiten von Tarifverträgen nicht erreicht werden, schlagen die Fachleute die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns vor: "Die britischen Erfahrungen zeigen, dass mit einem Mindestlohn die Entgeltungleichheit in den unteren Einkommenssegmenten verringert werden kann und hiervon vor allem Frauen profitieren."

  • In nur wenigen Ländern Europas ist der Lohnabstand zwischen Männern und Frauen so groß wie in Deutschland. Zur Grafik

Ute Klammer u.a.: Neue Wege - gleiche Chancen (pdf), Gutachten der Sachverständigenkommission an das BMFSFJ für den Ersten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung, Januar 2011

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