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HBS Böckler Impuls

Corporate Governance: Mehr Transparenz wagen

Ausgabe 17/2016

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung für mehr unternehmerische Transparenz in Sachen Nachhaltigkeit greift zu kurz. Aus verfassungsrechtlicher Sicht wäre wesentlich mehr möglich.

Das zeigen die Rechtswissenschaftler Alexander Roßnagel und Anja Hentschel von der Universität Kassel in einem Gutachten für das WSI. Das geplante Gesetz dient der Umsetzung der sogenannten CSR-Richtlinie der EU, die Offenlegungspflichten von Konzernen zu ökologischen und sozialen Aspekten ihrer Geschäftstätigkeit wie beispielsweise den Arbeitsbedingungen vorsieht. Die Kritik der Experten: Im Entwurf der Großen Koalition sei die Berichtspflicht ziemlich abstrakt und allgemein formuliert, was den Arbeitgebern weiten Spielraum bei der Auslegung lasse. Um sicherzustellen, dass die Angaben vergleichbar und aussagekräftig sind, bedürfe es aber konkreter Vorgaben. Denkbar wäre beispielsweise, dass die Unternehmen den Anteil der Leiharbeiter, die Aufwendungen für betriebliche Sozialleistungen oder den Anteil der Beschäftigten, die durch einen Betriebsrat vertreten werden, publik machen müssen.

Die Berufsfreiheit der Arbeitgeber oder der Eigentumsschutz stehen solchen Vorgaben nach Einschätzung der Gutachter prinzipiell nicht im Wege: Insbesondere was Beschäftigungsstandards angeht, seien detaillierte Berichtspflichten durchaus verhältnismäßig. Denn zum einen diene eine Veröffentlichungspflicht dem Allgemeininteresse an Markttransparenz. Zum anderen werde die Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten erleichtert, was wiederum der Berufsfreiheit der Beschäftigten zugutekommt. Der Eingriff in die grundrechtlich geschützte interne Sphäre der Unternehmen falle dagegen begrenzt aus: Wettbewerbsnachteile oder unvertretbarer Aufwand seien mit der Offenlegung von Informationen zu Arbeitsbedingungen in der Regel nicht verbunden, so Roßnagel und Hentschel. Firmen, die bei den Beschäftigungsstandards schlecht abschneiden, müssten zwar mit einem Ansehensverlust rechnen. Ein solcher Imageschaden wäre aber vollkommen gerechtfertigt: Nur so gebe es schließlich Handlungsanreize für die Arbeitgeber.

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