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HBS Böckler Impuls

Leiharbeit: Konkurrenz für die Stammbelegschaft

Ausgabe 06/2008

Die Zahlen gehen nach oben: Viele Betriebe beschäftigen mehr Leiharbeiter, oft über längere Zeit. Dass Leiharbeit reguläre Beschäftigung ersetzt, ist da keine Ausnahme mehr.

Der Boom ist ungebrochen: Gut 37 Prozent der Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten und Betriebsrat haben zwischen Anfang 2005 und Herbst 2007 Leiharbeiter beschäftigt. Das zeigt die neue Betriebsrätebefragung des WSI. In gut der Hälfte dieser so genannten Entleihbetriebe stieg nach Angabe der Betriebsräte auch die Zahl der Zeitarbeiter. Lediglich bei 13,7 Prozent sind es in den vergangenen zwei Jahren weniger geworden. Parallel dazu melden gut 40 Prozent der Betriebsräte, dass die temporären Kräfte in ihrem Betrieb im Durchschnitt länger bleiben - nur rund 14 Prozent berichten von abnehmenden Einsatzdauern.

Indizien für einen Strukturwandel in etlichen Unternehmen erkennt hinter den Zahlen Hartmut Seifert, Leiter des WSI. Zwar sei die Bewältigung von Auftragsspitzen vielerorts nach wie vor der wichtigste Grund, Zeitarbeiter zu entleihen. "Doch es ist unübersehbar, dass sich die Funktion von Leiharbeit wandelt. Teilweise ersetzt sie feste Beschäftigung, und manche Unternehmen setzen Leiharbeiter als flexible Quasi-Stammbelegschaft ein." Ein gutes Viertel der Betriebsräte von Entleihbetrieben berichtet, dass während der vergangenen zwei Jahre Leiharbeiter regulär Beschäftigte ersetzt hätten.

Für die Unternehmen seien derartige Substitutionen häufig finanziell attraktiv, so Seifert. Zwar werden laut Befragung Stammbeschäftigte und Leiharbeiter in fast jedem vierten Betrieb für gleiche Tätigkeiten auch gleich bezahlt. Insgesamt liegt der Lohn der Zeitarbeiter jedoch durchschnittlich 29 Prozent unter dem von Stammbeschäftigten. Hinzu kommt, dass die Verleihunternehmen ihren Kunden gerade bei komplexen Einsätzen immer mehr Arbeit abnehmen: "Große Verleiher bieten ein so genanntes 'On-Site-Management'" an. Das ist eine Art mobiles Personalbüro, das die Leiharbeiter vor Ort im Entleihbetrieb betreut", berichtet WSI-Forscher Seifert. Den Betriebsräten im Entleihbetrieb können solche Rundum-Modelle Probleme bringen: Ihr wichtigster Ansprechpartner, die eigene Personalabteilung, ist für den Einsatz der Leiharbeiter nicht mehr zuständig.

  • Der Boom der Leiharbeit ist ungebrochen, zeigt die neue Betriebsrätebefragung des WSI. Gut ein Drittel der Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten beschäftigt Zeitarbeiter. In mehr als der Hälfte davon ist die Zahl der temporären Kollegen in den vergangenen zwei Jahren gestiegen, bei über 40 Prozent hat sich die durchschnittliche Einsatzdauer verlängert. Dass Leiharbeiter regulär Beschäftigte ersetzen, ist längst keine Ausnahme mehr. Zur Grafik

Hartmut Seifert ist Arbeitsmarktexperte und leitet das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung.

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