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Hundert Euro mehr im Monat Böckler Impuls

Mindestlohn: Hundert Euro mehr im Monat

Ausgabe 01/2023

Von der Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro pro Stunde dürften über sechs Millionen Beschäftigte profitiert haben. Ihre monatlichen Gehälter sind im Schnitt deutlich gestiegen.

Im vergangenen Jahr, das auch in wirtschaftlicher Hinsicht vom Ukrainekrieg überschattet war, gab es zumindest einen Lichtblick für Geringverdienende: Der Mindestlohn wurde zum 1. Oktober auf zwölf Euro erhöht. Laut einer aktuellen Studie von Toralf Pusch hat sich das direkt auf – je nach Datenbasis – 6,2 bis 6,6 Millionen Beschäftigte ausgewirkt. Den mitunter geäußerten Einwand, die positiven Auswirkungen auf die Löhne würden durch Arbeitszeitverkürzungen konterkariert, hält der WSI-Arbeitsmarktexperte für übertrieben: Den betroffenen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hat der höhere Mindestlohn ein Plus von durchschnittlich über 100 Euro pro Monat beschert.

Pusch hat für seine Untersuchung Daten der jüngsten Welle der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung ausgewertet, an der im November 2022 über 5100 Personen teilgenommen haben. Diejenigen Befragten, deren Stundenlohn infolge der neuen gesetzlichen Untergrenze gestiegen ist, sollten angeben, ob das auch auf ihr Monatsgehalt zutrifft. Bei rund vier Fünfteln war das der Fall. Diese Personen wurden zusätzlich nach der Spanne der Gehaltserhöhung gefragt. Das Ergebnis: Bei 19 Prozent von ihnen waren es mehr als 200 Euro, bei 21 Prozent zwischen 100 und 200 Euro, bei 38 Prozent zwischen 50 und 100 Euro und bei 22 Prozent weniger als 50 Euro. Aus diesen und weiteren Angaben hat der WSI-Forscher näherungsweise die durchschnittlichen Gehaltssteigerungen für verschiedene Beschäftigungsformen berechnet. Demnach haben sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte infolge der Mindestlohnerhöhung im Schnitt monatlich 155 Euro mehr verdient, sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigte 104 Euro und geringfügig Beschäftigte immerhin noch 59 Euro.

Hilfe in der Krise

Die Teilnehmenden der Erwerbspersonenbefragung wurden auch gefragt, ob ihnen im persönlichen Umfeld Mindestlohn­umgehungen bekannt sind, was immerhin acht Prozent bejahten. Die Größenordnung der Verstöße lasse sich daraus aber nicht abschätzen, so Pusch. Als Annäherung daran hat der Experte die Entwicklung der Monatsgehälter im Mindestlohnbereich zwischen 2013 und 2018 rekonstruiert, da für diesen Zeitraum Daten der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vorliegen. Den Berechnungen zufolge sind diese Gehälter in nur fünf Jahren real um durchschnittlich 18,7 Prozent gestiegen. Mit umfangreichen Umgehungen und Arbeitszeitverkürzungen sei dieses deutliche Plus nicht vereinbar, erklärt der Wissenschaftler.

Sein Fazit: Alles in allem sei davon auszugehen, dass Millionen Geringverdienende dank der Mindestlohnanhebung mehr Geld zur Verfügung haben. Das stelle für die Betroffenen gerade in Zeiten hoher Inflation eine wichtige Hilfe dar und dürfte auch zur Stabilisierung des Konsums in der Krise beitragen.

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