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HBS Böckler Impuls

Mitbestimmung: Bessere Ausbildung mit Betriebsrat

Ausgabe 08/2014

Mitbestimmte Betriebe investieren mehr in ihre Azubis. Das zahlt sich aus, weil Absolventen dort länger bleiben.

Betriebsräte sind nicht nur für Arbeiter und Angestellte, sondern auch für Lehrlinge da. Das Betriebsverfassungsgesetz gibt ihnen unter anderem das Recht, bei der Planung, Umsetzung und Überwachung von Ausbildungsabläufen mitzuwirken. Daher sei zu erwarten, dass in mitbestimmten Betrieben höhere Qualitätsstandards bei der Lehre gelten, schreiben Ben Kriechel, Samuel Mühlemann, Harald Pfeifer und Miriam Schütte. Diese höheren Standards müssten sich an den finanziellen Aufwendungen für die Ausbildung ablesen lassen. Inwiefern diese Vermutung zutrifft, haben die Ökonomen von Economix Research & Consulting, der Universität Bern, dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und der Universität Bonn empirisch untersucht. Das Ergebnis: Wenn es betriebliche Mitbestimmung gibt, investieren Firmen mehr in die Ausbildung – und weniger Azubis wechseln nach der Lehre den Arbeitgeber.

Für ihre Studie haben die Forscher einen Datensatz ausgewertet, für den das BIBB im Jahr 2007 etwa 3.000 Ausbildungsbetriebe befragt hatte. Zu den erhobenen Informationen gehören einerseits die Ausgaben der Unternehmen für Ausbildung, also für die Vergütung von Azubis, Material und Ausbildungspersonal. Andererseits machten die Befragten Angaben zur Wertschöpfung, die durch die Mitarbeit der Lehrlinge im Betrieb entsteht. Aus diesen beiden Größen haben die Wissenschaftler die Nettokosten errechnet. Um auszuschließen, dass ihr Ergebnis allein auf Größeneffekten beruht, haben sie zwei Auswertungen durchgeführt: Zum einen haben sie alle Betriebe mit mehr als fünf Beschäftigten, zum anderen nur die mittelgroßen Betriebe mit 21 bis 100 Mitarbeitern betrachtet. Zudem wurden Kontrollvariable wie die Rechtsform, die Branche oder die Qualifikationsstruktur berücksichtigt.

Die Analyse zeigt, dass pro Jahr und Azubi etwa 1.800 Euro mehr Nettokosten anfallen, wenn es einen Betriebsrat gibt. Mit 3.800 Euro sind die Auswirkungen besonders ausgeprägt bei mittelgroßen Unternehmen mit Tarifbindung. Zugleich ist bei diesen Unternehmen aber auch ein anderer Effekt festzustellen: Die Azubis bleiben ihren Ausbildungsbetrieben nach der Lehre länger treu. Nach fünf Jahren ist die Bleiberate 15 Prozentpunkte höher, wenn es Mitbestimmung und einen Flächentarifvertrag gibt. Die geringere Fluktuation erklären die Wissenschaftler damit, dass Betriebsräte für mehr Jobstabilität und bessere Arbeitsbedingungen sorgen. Die höheren Ausbildungsinvestitionen der mitbestimmten Betriebe könnten sich so über einen längeren Zeitraum amortisieren. Dass Flächentarife die Effekte verstärken, sei darauf zurückzuführen, dass weniger Konflikte auf betrieblicher Ebene anfallen, wenn Entgeltfragen auf Branchen-ebene geregelt werden. Daher könnten sich Betriebsräte in tarifgebundenen Unternehmen stärker auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren.

  • Mitbestimmte Betriebe investieren mehr in Ausbildung. Zur Grafik
  • Azubis bleiben länger, wenn Betriebe einen Betriebsrat haben. Zur Grafik

Ben Kriechel, Samuel Mühlemann, Harald Pfeifer, Miriam Schütte: Works Councils, Collective Bargaining, and Apprenticeship Training – Evidence From German Firms, in: Industrial Relations 2/2014

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