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 Arbeitskosten trotz Kurzarbeit stabil Böckler Impuls

Wirtschaft: Arbeitskosten trotz Kurzarbeit stabil

Ausgabe 13/2021

2020 haben die Arbeitskosten in Deutschland trotz des Kurzarbeits-Effekts nur moderat zugenommen – weniger als im EU-Durchschnitt.

In der Coronakrise haben Kurzarbeit und staatliche Unterstützungszahlungen an Unternehmen mehrere Millionen Arbeitsplätze gesichert. So konnten Arbeitslosigkeit, Insolvenzen und gesamtwirtschaftliche Nachfrageeinbrüche verhindert werden. Viele Unternehmen können ihre Aktivitäten in der abklingenden Krise mit eingespielten Belegschaften wieder hochfahren. Die Arbeitskosten pro Stunde haben sich im Krisenjahr recht stabil entwickelt – obwohl Kurzarbeit sie tendenziell in die Höhe treibt, weil die Arbeitszeit oft stärker zurückgeht als die Aufwendungen für Löhne, Sonderzahlungen oder Weiterbildung. 2020 sind die Arbeitskosten um 2,3 Prozent gestiegen und damit etwas schwächer als 2019. Das zeigt eine Untersuchung des IMK.

Trotz der weit verbreiteten Kurzarbeit und der im internationalen Vergleich relativ geringen Beschäftigungsverluste war der Zuwachs auch niedriger als im EU-Durchschnitt von 2,7 Prozent. Damit rangiert die Bundesrepublik 2020 bei den Arbeitskosten für die private Wirtschaft weiterhin im oberen Mittelfeld Westeuropas, auf Position sieben in der EU. 

Stärker von der Pandemie betroffen waren die Lohnstückkosten, die die Arbeitskosten zum Wert der produzierten Güter und Dienstleistungen ins Verhältnis setzen. Denn die Produktivität der Wirtschaft sank durch den zeitweiligen Zusammenbruch von Lieferketten und millionenfache Kurzarbeit. Die Lohnstückkosten sind im Jahresdurchschnitt 2020 um 4,2 Prozent gestiegen, sinken allerdings seit dem zweiten Halbjahr wieder. Das IMK rechnet im Jahresdurchschnitt 2021 mit einem spürbaren Rückgang der Lohnstückkosten um 2,1 Prozent und 2022 um 1,2 Prozent. 

Zudem haben die deutschen Lohnstückkosten selbst mit dem jüngsten, vergleichsweise kräftigen Anstieg in den vergangenen 20 Jahren im Mittel nur um 1,4 Prozent jährlich zugenommen – langsamer als im Durchschnitt des übrigen Euroraums, wo die Rate 1,6 Prozent betrug. Das IMK weist darauf hin, dass selbst dieser Wert zu niedrig und nicht mit dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank von knapp 2 Prozent vereinbar ist.

„Diese und viele weitere Daten zeigen: Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ist ungebrochen hoch. Und unterstützt durch eine engagierte Anti-Krisen-Politik ist sie stark genug, eine Ausnahmesituation wie die Corona-Pandemie ohne große Verwerfungen durchzustehen“, sagt Alexander Herzog-Stein, IMK-Arbeitsmarktexperte. So ging beispielsweise der Überschuss in der deutschen Leistungsbilanz zwar im Corona-Jahr etwas zurück. Er blieb mit 6,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aber weiterhin sehr groß und verletzte im zehnten Jahr in Folge die ohnehin schon sehr hohe EU-Obergrenze von 6 Prozent. 2021 dürfte er nach der IMK-Prognose wieder um einen Prozentpunkt ansteigen.

Viele internationale Ökonomen und Politiker kritisieren das immense Plus im deutschen Außenhandel als Störfaktor für die internationalen Wirtschaftsbeziehungen. Auch der Euroraum weist seit Jahren einen deutlichen Überschuss auf; selbst im vergangenen Jahr betrug der Leistungsbilanzüberschuss 2,6 Prozent des BIP. Vor diesem Hintergrund betrachtet das IMK eine schwache Lohnentwicklung in Deutschland und im Euroraum als riskant für die Stabilität der Weltwirtschaft. Die Ökonomen raten zu einer weiterhin expansiven Geld- und Fiskalpolitik. Denn durch kräftige öffentliche Investitionen und eine insgesamt dynamischere wirtschaftliche Entwicklung ließen sich einerseits die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie besser bewältigen, andererseits stiegen dadurch auch die Einkommen der Beschäftigten.

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