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Frauenrechtlerin Kathrin Mahler Walther auf dem Balkon Ihres Berliner Büros: Wer wirklich kämpft, kann die Verhältnisse umkrempeln. Stipendien

Altstipendiatin: Die Wegbereiterin

Ausgabe 09/2013

In der Revolution von 1989 lernte Kathrin Mahler Walther, dass sich alles verändern lässt. Heute kämpft sie für mehr Frauen in Führungspositionen.

Von Susanne Kailitz

Oft braucht Kathrin Mahler Walther viel Fantasie, manchmal aber auch nur eine ganz pragmatische Lösung: Mit Partnern aus Politik und Wirtschaft sucht sie neue Wege, alte Strukturen aufzubrechen – damit Frauen ihre Fähigkeiten endlich überall einbringen können und im Berufsleben nicht mehr von alten Mauern eingeschränkt werden. Die Überzeugung, dass die richtigen Einsichten sich irgendwann durchsetzen, wenn man nur dafür kämpft, speist sich auch aus Mahler Walthers Biografie.

Selbst ein Vierteljahrhundert nach der „Friedlichen Revolution“ in der DDR gelingt es ihr schnell, sich in eine Zeit zurückzuversetzen, die wohl die aufregendste ihres Lebens bleiben wird. 18 Jahre war sie damals alt, lebte in Leipzig und machte eine Ausbildung zur Facharbeiterin für Schreibtechnik. Sie hatte sich der Arbeitsgruppe Menschenrechte um Pfarrer Christoph Wonneberger angeschlossen, später wurde sie Sprecherin des Arbeitskreises Gerechtigkeit. „Und dann kam die Revolution“, sagt sie, „da fanden die Demonstrationen statt, es gab einen runden Tisch nach dem anderen, und es ging pausenlos darum, wie wir dieses System verändern können. Zeit zum Schlafen gab es eigentlich nicht.“ Noch heute, in ihrem Berliner Büro der Europäischen Akademie für Frauen in Politik und Wirtschaft (EAF), ist zu spüren, mit welcher Begeisterung sie sich dafür einsetzte, ein ganzes Land zu verändern. Die Dinge anpacken, für das kämpfen, was wichtig ist – damit hat sie nie mehr aufgehört. Die 42-Jährige ist überzeugt, dass sich die Verhältnisse verändern lassen. „Zu sehen, wie ein ganzes Volk aufsteht, trotz der Gefahren, das hat mich sehr berührt und geprägt.“

Heute engagiert sich Mahler Walther für die Gleichberechtigung. Zur EAF kam sie vor 14 Jahren – als Praktikantin. Die Professorin Barbara Schaeffer-Hegel und die Journalistin Helga Lukoschat hatten die Organisation 1996 ins Leben gerufen, überzeugt davon, dass Frauen und Männer überall gebraucht werden: als Eltern genauso wie als Fach- und Führungskräfte. Die EAF berät und begleitet an der Schnittstelle von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik Organisationen in Veränderungsprozessen. Mit Mentoringprogrammen fördert sie weibliche Nachwuchskräfte und unterstützt Frauen und Männer bei der Vereinbarung persönlicher, familiärer und beruflicher Anforderungen.

Gemeinsam mit Helga Lukoschat trägt Mahler Walther seit 2008 als Geschäftsführendes Vorstandsmitglied die Verantwortung für das knapp 20-köpfige Team. Mit dem Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend initiierte die EAF 2011 die „Regionalen Bündnisse für Chancengleichheit“, Deutschlands größtes Unternehmensbündnis für mehr Frauen in Führungspositionen. Mahler Walther leitet das Programm. Sie berät Unternehmen vom Mittelständler bis zum Großkonzern und ist zudem auch in der Forschung aktiv. Viel Aufmerksamkeit bekam 2008 ihre Studie „Kinder und Karrieren: Die neuen Paare“. Dafür befragte sie mit ihrem Team rund 1200 Doppelkarriere-Paare mit Kindern, wie sie Partnerschaft, Familie und Erfolg im Job unter einen Hut bekommen, und plädiert in ihrem Fazit für deutlich mehr Flexibilität in der Arbeitswelt.

Wer mit Mahler Walther spricht, erlebt eine Frau, die von der Sinnhaftigkeit ihres Tuns überzeugt ist. Dabei hätte sie auch leicht an anderer Stelle landen können: Während der Friedlichen Revolution diskutierte die Geschäftsführerin der Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM) Leipzig am runden Tisch der Stadt und des Bezirks darüber, wie es weitergehen sollte. Später verhandelte sie als Mitglied im Bundesvorstand der IFM die Fusion zum Bündnis 90 mit. Im Sächsischen Landtag baute sie die erste bündnisgrüne Fraktion mit auf. Spannend und aufregend sei das gewesen, „aber auch ernüchternd“: „Wir mussten lernen, uns in die mühsamen Wege parlamentarischer Demokratie einzufinden. Viele unserer hochfliegenden Ideen ließen sich so nicht umsetzen.“

1992, nach sechs intensiven Jahren, gönnte sich Mahler Walther eine Pause. Sie wollte lernen, um anzukommen im neuen politischen System. Sie machte in Berlin auf dem zweiten Bildungsweg Abitur. Dass darauf ein Studium folgte, verdankt Mahler Walther auch der Unterstützung anderer. „Ich hatte das große Glück, dass ich von der Hans-Böckler-Stiftung schon während des Abiturs für ein Stipendium ausgewählt wurde und im Anschluss Sozialwissenschaften studieren konnte. Die Seminare und Kontakte im Rahmen der ideellen Förderung, die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaftsvertretern, all das hat mir sehr geholfen, in diesem Land anzukommen.“

Heute will sie dafür etwas zurückgeben und hat mit der Hans-Böckler-Stiftung ein Mentoringprogramm entwickelt, das Stipendiaten und Altstipendiaten zusammenbringt und Absolventen hilft, den Weg zu Führungspositionen einzuschlagen. Ihre Botschaft an den Nachwuchs ist klar: „Man darf nicht abwarten, bis die Dinge von selbst passieren. Wenn sich etwas ändern soll, muss man selbst vorangehen.“ Und auch mal eine Mauer einreißen.

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