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Magazin Mitbestimmung

LESERBRIEF zu Ausgabe 6/2011: "CSR kann Mitbestimmung beleben"

Ausgabe 12/2011

Lesermeinung von Beate Zimpelmann, Kompetenzzentrum "Nachhaltigkeit im globalen Wandel" an der Hochschule Bremen und Dirk Wassermann, wissenschaftlicher Projektmitarbeiter, zum Beitrag von Karsten Schneider über Corporate Social Responsibility.

Karsten Schneider kommt in seinem Beitrag allen Abwägungen zum Trotz zu dem Ergebnis, freiwillige Corporate Social Responsibility, kurz CSR, bleibe eine Schönwetterveranstaltung und stelle keine Chance für die Mitbestimmung dar – bleibt dabei aber den empirischen Beleg schuldig. Dagegen zeigen unsere Forschungen: Die freiwillige Unternehmensverantwortung bietet durchaus Potenziale für die Arbeit von Betriebsräten und Gewerkschaften. In der Debatte um Corporate Social Responsibility geht es schon lange nicht mehr um Entweder-oder. Es geht um eine wirksame Ergänzung der Mitbestimmung in einem globalen Kontext.

Wir vom Kompetenzzentrum „GLOKAL – Nachhaltigkeit im globalen Wandel“ der Hochschule Bremen haben – unterstützt vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung – zwischen 2008 und 2010 mehr als ein Dutzend deutsche Großunternehmen befragt, warum und wozu sie sich freiwillig im Sinne von CSR verpflichten. Dabei haben wir uns die Interaktion zwischen Unternehmensleitungen, Arbeitnehmervertretungen sowie sozialen und ökologischen Initiativen (Nichtregierungsorganisationen, NGO), genauer angeschaut. Gefördert wurde dieses Projekt „Soziale Verantwortung in transnationalen Unternehmen – Arenen. Akteure. Prozesse“ von der Hans-Böckler-Stiftung. Einige empirische Ergebnisse möchten wir den Schneider’schen Eindrücken entgegenhalten.

Für die untersuchten Unternehmen wird freiwillige Verantwortung erstens zunehmend zum unverzichtbaren Mittel für Personalgewinnung und -bindung. Ihr Augenmerk gilt, zweitens, jenen unternehmerisch interessanten Kundengruppen, die vor einem Kauf zunächst die Produktionsbedingungen kritisch prüfen. Drittens beschreiben schier alle untersuchten Unternehmen den enormen Druck der Nachhaltigkeitsindizes, die an nachhaltiger Entwicklung interessierte Investoren als Gütesiegel verlangen. Viertens zeigt sich, dass Mitbestimmung und Corporate Social Responsibility durchaus Überschneidungspotenziale haben. So wurden in einigen Unternehmen die gesetzlichen Standards der Mitbestimmung über freiwillige CSR-Vereinbarungen auf alle weltweiten Niederlassungen ausgeweitet – inklusive der Zulieferbetriebe. In solchen Vereinbarungen nutzten gerade Betriebsräte CSR als Mittel, Mitbestimmungsstandards in Ländern umzusetzen, wo es keine gibt.

Natürlich ist auch hier „nicht alles Gold, was glänzt“. Doch vor der Endlichkeit globaler Ressourcen stehen Unternehmen zunehmend in strategischer Defensive; die Kombination von Sozialem, Ökologie und Ökonomie wird somit insgesamt verstärkt zur Voraussetzung (!) unternehmerischen Erfolgs. Bedingungen und mögliche Formen einer dementsprechenden Neuorientierung von Wirtschaft und Unternehmen aber werden bislang eher von externen (und spezialisierten) NGO thematisiert. Doch Klimaschutzauflagen oder weltweite Sozialstandards betreffen unmittelbar auch die Beschäftigten hierzulande.

Hier liegen auch Chancen für eine künftige Kooperation mit den NGO-Initiativen, was es bisher kaum gibt. Betriebsräte und Gewerkschaften können ihre Position, ihre Argumente und Strategien durch eine stärkere Zusammenarbeit mit NGO und deren Expertise stärken.

„Gute Arbeit“ und „nachhaltige Entwicklung“ sind untrennbar, und CSR kann hier, gerade für Arbeitnehmervertretungen, ein ganzheitliches Instrumentarium sein, um Mitbestimmung zu ergänzen und neu zu beleben.

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