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HBS Böckler Impuls

Arbeitsmarkt: Ältere aussortiert

Ausgabe 16/2015

Auf europäischen Arbeitsmärkten werden ältere Bewerber häufig diskriminiert. Das lässt sich experimentell nachweisen.

Wenn Unternehmen Bewerber wegen unzureichender Fähigkeiten oder fehlender Motivation ablehnen, ist das legitim. Wenn graue Haare ein Ausschlusskriterium sind, ist das Diskriminierung. Dass dieses Problem weit verbreitet ist, zeigt eine Studie von Peter A. Riach. Der britische Ökonom hat in vier europäischen Ländern Experimente mit fingierten Bewerbungen durchgeführt. Den Ergebnissen zufolge werden Ältere bei der Arbeitsplatzsuche erheblich benachteiligt.

Riach hat in seine Untersuchung 427 Hotels und Restaurants in Deutschland, 345 in Frankreich, 470 in England und 340 in Spanien einbezogen. Jeder dieser Betriebe erhielt in einem Abstand von einem Monat zwei Initiativbewerbungen für einen Job als Kellner von Männern im Alter von 27 und 47 Jahren, die über die gleiche Qualifikation verfügen. Um den älteren der beiden fiktiven Bewerber körperlich fit und mental flexibel erscheinen zu lassen, wurden in sein Schreiben Hinweise auf sportliche Hobbies und Interesse an Informationstechnologie eingebaut.

Als „Nettodiskriminierung“ hat der Forscher die Differenz berechnet zwischen dem Anteil derjenigen Bewerbungen, bei denen ausschließlich der 27-Jährige eine positive Antwort erhalten hat, und dem Anteil derjenigen, bei denen der ältere Kandidat bevorzugt wurde. Dieser Wert liegt in Deutschland, wo dem Jüngeren 20, dem Älteren 11 positive Rückmeldungen zuteilwurden, bei 29 Prozent. In Frankreich beträgt er 58,1 Prozent, in England 28,8 Prozent und in Spanien 64,5 Prozent. In allen untersuchten Ländern kommen Ältere bei der Jobsuche also systematisch zu kurz, besonders schwer haben sie es in Frankreich und Spanien. Dass dafür der gesetzliche Kündigungsschutz in diesen Staaten verantwortlich ist, der die Einstellung Älterer angesichts potenzieller Gesundheitsprobleme unattraktiv macht, hält Riach für wenig plausibel. In Deutschland sei das Schutzniveau noch stärker ausgeprägt, das Ausmaß der Altersdiskriminierung dagegen geringer. Denkbar sei vielmehr, dass Antidiskriminierungsgesetze in den mediterranen Ländern nicht ausreichend durchgesetzt werden. Zudem verweist der Wissenschaftler darauf, dass hohe Arbeitslosigkeit Diskriminierung erleichtert.

  • Europaweit kommen ältere Bewerber bei der Jobsuche systematisch zu kurz. Zur Grafik

Peter A. Riach: A field experiment investigating age discrimination in four European labour markets, in: International Review of Applied Economics 5/2015

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