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HBS Böckler Impuls

Umwelt: Weniger Wochenstunden, weniger CO2

Ausgabe 10/2013

Um den Klimawandel aufzuhalten, müssen effizientere Produktionstechniken zum Einsatz kommen. Doch das allein wird kaum reichen. Eine sozial verträgliche Strategie zur Begrenzung des Ressourcenverbrauchs könnten kürzere Arbeitszeiten sein.

Die Europäische Union will den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen drastisch senken, bis 2050 um 80 Prozent oder mehr im Vergleich zum Niveau von 1990. Gemessen am heutigen Emissionsniveau müssten Industrie und Verbraucher in Europa die Emissionen jedes Jahr um rund vier Prozent reduzieren, wenn das EU-Klimaziel eingehalten werden soll, wie IMK-Abteilungsleiter Andrew Watt berechnet hat. Allerdings war der Fortschritt zumindest in der Vergangenheit deutlich langsamer – von 1998 bis 2008 sank der Ausstoß an Treibhausgasen in der EU um insgesamt gerade einmal 4,3 Prozent. Gelingt es nicht, den ressourcenschonenden technischen Fortschritt „bedeutend und dauerhaft zu beschleunigen“, so Watt, führt längerfristig kein Weg an einem langsameren Produktionswachstum vorbei.

Das hätte jedoch gravierende soziale Folgen. Bei weiter steigender Produktivität kostet eine Drosselung der Produktion ohne weitere Regulierung Jobs. Soll das Beschäftigungsniveau dagegen aufrechterhalten werden, bleibt nach Watt nur eine Möglichkeit: kollektive Arbeitszeitverkürzung. Statt mehr zu arbeiten, um mehr zu verdienen, hieße die Parole eher: weniger arbeiten, um weniger die Umwelt zu belasten. Wie stark die Wochenarbeitszeit bis 2050 zurückgehen müsste, um den CO2-Ausstoß wie geplant herunterzufahren, ist schwer vorherzusagen. Allerdings lassen sich verschiedene Szenarien bestimmen. Watt hat eine Beispielrechnung für den Extremfall angestellt: Wenn sich das Tempo der Effizienzverbesserung in den kommenden Jahrzehnten überhaupt nicht erhöhen sollte, müsste die Wochenarbeitszeit in Europa auf nur gut 10 Stunden sinken, um sowohl Klimakatastrophe als auch Massenarbeitslosigkeit zu verhindern. Würde sich die Rate der jährlichen Energieeinsparung verdoppeln, ließen sich beide Ziele bereits mit einer um 6,5 Stunden verkürzten Arbeitswoche erreichen.

Allerdings müssten die Effizienzsteigerungen beziehungsweise Arbeitszeitverkürzungen Watt zufolge um einiges höher sein, wenn ein weiterer Aspekt berücksichtigt wird: Verlagerungen von energieintensiver Produktion ins Ausland dürfen nicht als Klimaerfolg gewertet werden. In jedem Fall müssten aber Verteilungsfragen gelöst werden, so der Ökonom. Denn weniger Einkommen und mehr Freizeit sei für viele gut Verdienende wohl eine akzeptable Aussicht, aber nicht für Geringverdiener.

Andrew Watt: Work less to pollute less? (pdf), ETUI Working Paper 8/2012.

 

 

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