Forschungsprojekt: Montagearbeit 4.0?

Eine Fallstudie zu Wirkungen digitalisierter Werkerführung (Industrie 4.0) auf die Montagearbeit (Batteriefertigung)

Projektziel

Im Zusammenhang mit Begriffen wie „Industrie 4.0“ oder „Digitalisierung“ werden sehr unterschiedliche Arbeitsfolgen vermutet. Auf Basis einer Intensivfallstudie zu digitaler Werkerführung in der Serienmontage wurden Arbeitsfolgen sowie arbeitspolitische Herausforderungen und Gestaltungsperspektiven der Digitalisierung exemplarisch erforscht und arbeitspolitische Gestaltungshinweise formuliert.

Veröffentlichungen

Baethge-Kinsky, Volker, Martin Kuhlmann und Knut Tullius, 2018. Technik und Arbeit in der Arbeitssoziologie – Konzepte für die Analyse des Zusammenhangs von Digitalisierung und Arbeit, AIS Studien, 2, S. 91-106.

Kuhlmann, Martin, Barbara Splett und Sascha Wiegrefe, 2018. Montagearbeit 4.0. Eine Fallstudie zu Arbeitswirkungen und Gestaltungsperspektiven digitaler Werkerführung, WSI Mitteilungen, 71(3), S. 182-188.

Kuhlmann, Martin, 2018. Montagearbeit 4.0?. Eine Fallstudie zu Wirkungen digitalisierter Werkerführung auf die Montagearbeit, Göttingen, 16 Seiten.

Kuhlmann, Martin, 2017. Digitalisierung und Arbeit: Herausforderungen und Perspektiven, Denknetz, S. 167-179.

Kuhlmann, Martin, 2016. Gestaltung der digitalen Transformation. Warum Führungskräfte sich und ihre Mitarbeiter aktiv beteiligen sollten, Personalführung, 6, S. 32-37.

Projektbeschreibung

Kontext

Unter den Überschriften Industrie 4.0 und Digitalisierung der Arbeitswelt werden derzeit weitreichende, vor allem technologisch getriebene Veränderungen der industriellen Arbeitswelt diskutiert. Über Arbeitswirkungen und Gestaltungsmöglichkeiten des sich abzeichnenden technisch-organisatorischen Entwicklungsschubs ist derzeit zwar wenig bekannt, es ist jedoch davon auszugehen, dass diese sich je nach Branche und Tätigkeitsfeld unterschiedlich darstellen werden. Der aktuelle Forschungsstand legt daher empirische Fallstudien zu verschiedenen Tätigkeitsbereichen nahe, in denen den Wirkungen von Digitalisierung im Kontext je spezifischer Organisationskonzepte nachgegangen wird. Ziel der Studie war es auch, die häufig eher spekulativ geführte Diskussion über Arbeitswirkungen der Digitalisierung zu versachlichen und auf eine empirische Grundlage stellen.

Fragestellung

In der Studie „Montagearbeit 4.0?“ wurden auf Basis einer Intensivfallstudie die Arbeitswirkungen von digitaler Werkerführung, einer wichtigen neuen Technologie im Montagebereich, untersucht. Im Zentrum standen dabei die Erfahrungen der Beschäftigten und der betrieblich Verantwortlichen bezogen auf die Frage, inwieweit es im Zusammenhang mit dieser spezifischen Form digitaler Assistenzsysteme zu einem grundlegenden Wandel der Montagearbeit kommt und ob sich im Zusammenhang mit dieser Technologie veränderte arbeitspolitische Strategien und Handlungsbedingungen für die verschiedenen betrieblichen Akteure herausbilden. Neben der Erhebung von arbeitssituativen Merkmalen (u.a. Arbeitsanforderungen, Handlungsspielräume, Leistungsbedingungen und Belastungen, Zusammenarbeit) ging es auch um die Entgeltwirkungen dieser neuen Technologie sowie deren Gestaltbarkeit und die Mitwirkungsmöglichkeiten der Beschäftigten und der betrieblichen Interessenvertretung.

Untersuchungsmethoden

Methodisch handelte es sich um eine Begleitforschung einer im Rahmen des Wandels in Richtung Elektromobilität neu aufgebauten Fertigung. Im Sinne einer ganzheitlichen Arbeits- und Organisationsanalyse wurden (a) Arbeits- und Organisationsstrukturen, (b) Arbeitssituationen und Arbeitsbedingungen, (c) Wahrnehmungen, Bewertungen, Orientierungen und arbeitsbiografische Perspektiven der Beschäftigten sowie (d) die Handlungsbedingungen, Strategien und Handlungsperspektiven der verschiedenen arbeitspolitischen Akteure (Management, Planer/Experten, betriebliche Interessenvertretung, Beschäftigte) untersucht. Konkret zum Einsatz kamen hierbei Arbeitsplatzbeobachtungen, Beschäftigteninterviews, Expertengespräche sowie eine schriftliche Befragung (Vollerhebung mittels Fragebogen). Die Untersuchungsergebnisse wurden zum Zwecke der Validierung und Entwicklung von arbeitspolitischen Schlussfolgerungen an die Beteiligten in Form von Betriebspräsentationen rückgemeldet und mit ihnen diskutiert.

Darstellung der Ergebnisse

Obwohl digitale Werkerführung mit spezifischen Arbeitswirkungen einhergeht, weil sie z.B. eine stärkere Durchstrukturierung des Arbeitsablaufes bewirkt, aber auch Möglichkeiten für erweiterte Arbeitsumfänge und Rotation schafft, ließen sich in Summe dennoch keine grundlegenden Veränderungen der arbeitssituativen Merkmale von Montagearbeit beobachten. Fach- und Erfahrungswissen spielen nach wie vor eine wichtige Rolle für die Bewältigung der Arbeitsanforderungen und die Erreichung der betrieblichen Ziele. Die Arbeit ist nach wie vor aber auch durch ein hohes Maß an Monotonie und einen Zwang zur Gewöhnung gekennzeichnet. Im Untersuchungsfall haben die aktive Nutzung arbeitspolitischer Spielräume sowie Produkteigenschaften dazu geführt, dass die Arbeitsgestaltung am Leitbild qualifizierter Montagearbeit orientiert war. Aktive Arbeitspolitik auch von Seiten der betrieblichen Interessenvertretung hat insofern eine erhebliche Rolle gespielt; die Mitgestaltungsmöglichkeiten bei der konkreten Gestaltung von Technik und Arbeit wurden jedoch als unzureichend eingeschätzt. Eine Abwertung von Montagearbeit als Folge des Einsatzes digitaler Werkerführung ist letztlich nicht ausgeschlossen.

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen