Projektbeschreibung
1. Kontext
Das Gesundheits- und Sozialwesen steht in Deutschland im Schnittpunkt vieler Debatten. Der wohl wichtigste Diskussionspunkt ist: Das Sozial- und insbesondere das Gesundheitswesen gelten als wachstumsstark. Die Hoffnungen gehen so weit, dass vom Gesundheitswesen künftig eine lange Welle des Konjunkturwachstums ausgelöst werden könnte. Doch zugleich wird häufig unterstellt, dass ein boomender Gesundheitsmarkt höchst voraussetzungsreich ist oder nur ein schmales wohlhabenderes Bevölkerungssegment betrifft. Weitere wichtige Kontext-Aspekte für die Branche sind: Die Veränderung des Wohlfahrtsmix zwischen Staat, privaten und gemeinnützigen Trägern, die demografisch bedingt steigende Nachfrage im Bereich der Altenpflege sowie die Entwickung bestimmter Engpassberufe des Gesundheits- und Sozialwesen. Dabei ist zu hinterfragen, wo die Ursachen liegen: In der Demografie oder z. B. in schlechten Arbeitsbedingungen und zu geringen Ausbildungskapazitäten?
2. Fragestellung
Die Branchenanalyse soll bestehende Informationsbedarfe befriedigen, indem sie in kompakter und fortschreibbarer Form die wichtigsten Statistiken zur Branche und ihren bedeutendsten Teilbranchen zusammenstellt, Ergebnisunterschiede erläutert und die Daten interpretiert. Ebenso wird der Vergleich zu anderen Branchen (Dienstleistungssektor oder das produzierende Gewerbe) sowie der Vergleich zwischen den Berufen/Tätigkeiten herangezogen. Für einen konsistenten Überblick sowie zur Erzielung guter Vergleichsmöglichkeiten, wurde eine betriebsbezogene geeignete Datenquelle mit Kennziffern zur Entwicklung der Betriebe, zur Beschäftigung, zu Arbeitsbedingungen etc. herangezogen. Als bestmögliche Datenquelle wurde das IAB-Betriebspanels ausgewertet und um weitere Auswertungen z.B. des DGB-Index Gute Arbeit ergänzt. Zudem wurden Teilbranchen vertiefend analysiert: Stationäres Gesundheitswesen, Altenpflegeeinrichtungen und Kindertageseinrichtungen.
3. Untersuchungsmethoden
Gemäß den Zielsetzungen des Vorhabens wurden - neben den in solchen Branchenanalysen gängigen Datenquellen - sekundäranalytisch die Daten des IAB-Internetangebots "Berufe im Spiegel der Statistik" systematisch aufbereitet. Zudem wurden gezielte Sonderauswertungen der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung und des kumulierten Datensatzes 20102-2014 des DGB-Index Gute Arbeit für die relevanten Beschäftigtengruppen sekundärstatistisch durchgeführt. Ergänzende Auswertungen aus dem Mikrozensus und dem Sozio-oekonomischen Panel wurden in die Studie integriert. Die Sonderauswertung des IAB-Betriebspanels ist die empirische Basis der Studie.
4. Darstellung der Ergebnisse
- Die Branchenstudie zeigt, dass die These von einem demografisch bedingten Mangel an Arbeitskräften im Gesundheits- und Sozialwesen irreführend sein kann. Trotz des z. T. erheblich gestiegenen Arbeitskräftebedarfs in manchen Berufen sind gleichzeitig die gemeldeten Arbeitslosen je offener Stelle in einigen dieser Berufen wieder angestiegen.
- Nichtsdestotrotz scheint sich eine Unterversorgung im Gesundheits- und Sozialwesen in einigen Engpassberufen (MedizinerInnen, Gesundheits- und Krankenpflegefachkräfte sowie Altenpflegefachkräfte) zu verfestigen. Es bleibt zu klären, inwiefern dies nicht auch auf die dargestellten unattraktiven Einkommensaussichten und Arbeitsbedingungen zurückzuführen ist.
- Ferner ist das Ausmaß atypischer Beschäftigung in der Branche stark angestiegen und bedeutet - vor allem für Frauen - z.T. Unterbeschäftigung und Armutsgefährdung.
- Die verschiedenen Teilbranchen befinden sich in dynamischen Veränderungsprozessen. Hier sind Privatisierungstendenzen im Krankenhaus- und Pflegebereich, der Konkurrenzdruck im Krankenhausbereich, der wachsende Pflegemarkt, die Zunahme der ambulanten Pflege und nicht zuletzt der Anstieg in der Kinderbetreuung zu nennen.