Forschungsprojekt: Wirtschaftspolitische Paradigmen

als Deutungsmuster im öffentlichen Diskurs über Arbeitsmarktpolitik

Projektziel

Der zentrale Indikator der Arbeitsmarktpolitik ist Arbeitslosigkeit. In der Arbeitsmarktpolitik haben sich die zwei wirtschaftspolitischen Paradigmen Neoklassik und Keynesianismus durchgesetzt. Anhand von Deutungsmustern in den massenmedialen und parlamentarischen Diskursen sowie in den Gesetzesinitiativen der Regierung wird die deutsche Arbeitsmarktpolitik in den letzten 20 Jahren untersucht.

Projektbeschreibung

1. Kontext

Wirtschaftspolitische Entscheidungen resultieren aus Auffassungen über die Funktionsweise der Märkte. Die Angebots- und Nachfragepolitik sind die zwei grundlegenden wirtschaftspolitischen Strategien, die sich als Ausprägungen zentraler Paradigmen (Neoklassik/Keynesianismus) in der Wirtschaftswissenschaft manifestieren konnten. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Märkte gesteuert werden können, entweder durch staatliche Intervention oder durch Selbstregulierung. Eine neoklassische Erklärung für den zentralen Indikator des Politikfelds - Arbeitslosigkeit - ist, dass der Preis des Faktors Arbeit vom Gleichgewichtspreis abweicht. In Deutschland werden diese Diskurse durch das neoklassische Paradigma geprägt. Arbeitsmarktpolitische Diskurse werden über Deutungsmuster geführt. Die Diskurse finden in einer funktional differenzierten Gesellschaft in den Teil-Öffentlichkeiten - Massenmedien, Deutscher Bundestag und Regierung - statt und sind über Interaktionsprozesse miteinander verbunden.

2. Fragestellung

Die zentrale Fragestellung lautet: Inwieweit lassen sich wirtschaftspolitische Paradigmen in Deutungsmustern öffentlicher Diskurse zur Arbeitsmarktpolitik in Deutschland finden und welche Auswirkungen haben diese auf die parlamentarische und die formelle Agenda der Arbeitsmarktpolitik? Folgende Fragen sind für die einzelnen Teil-Öffentlichkeiten zu beantworten:

Für die mediale Öffentlichkeit: Welche wirtschaftspolitischen Paradigmen werden in der Arbeitsmarktpolitik vertreten und dominieren? Welche Akteure können den jeweiligen Deutungsmustern und somit den arbeitsmarktpolitischen Paradigmen zugeordnet werden?

Für die parlamentarische Öffentlichkeit: Welche wirtschaftspolitischen Paradigmen werden in der Arbeitsmarktpolitik vertreten und dominieren?

Für die formelle Regierungsagenda: Auf Grundlage welcher Deutungsmuster werden Policies in der Arbeitsmarktpolitik in Form von Gesetzesentwürfen in den politischen Diskurs eingeführt? Welche arbeitsmarktpolitischen Paradigmen dominieren?

3. Untersuchungsmethoden

Mittels automatischer Inhaltsanalyse wird der wirtschaftspolitische Diskurs im Politikfeld Arbeitsmarktpolitik auf der massenmedialen, der parlamentarischen sowie der formellen Regierungsagenda untersucht. Das Auftreten von Deutungsmustern wird anhand eines deduktiv-induktiv hergeleiteten Kategoriensystems erfasst und deskriptiv erörtert. Anschließend werden die Wechselwirkungsprozesse zur Agenda-Bildung durch Kreuzkorrelation erfasst.

4. Darstellung der Ergebnisse

Die Forschungsarbeit belegte die Dominanz des neoklassischen Paradigmas in den drei Teil-Öffentlichkeiten: die Massenmedien, der Deutsche Bundestag und die Regierung. Die arbeitsmarktpolitischen Überzeugungen in Form von Deutungsmustern waren über den Zeitraum recht stabil. Allerdings zeigten sich insbesondere für den Regierungswechsel im Jahr 2005, als die rot-grüne Regierung unter Kanzler Schröder von der schwarz-roten Regierung unter Bundeskanzlerin Merkel abgelöst wurde, Veränderungen in der Dominanz der neoklassischen Deutungsmuster. So fanden sich auch keynesianische Deutungsmuster in den öffentlichen Diskursen und parlamentarischen Debatten wieder. Es ließ sich ableiten, dass die Medien eher über einen repräsentativen Charakter verfügen. Teilweise verliefen die Kommunikationsprozesse nahezu simultan und teilweise zeitversetzt. In diesen Fällen konnte den Massenmedien der Repräsentationseffekt zugeschrieben werden. Zusammenfassend wurde festgestellt, wie sich neoklassische Deutungsmuster im öffentlichen Diskurs manifestieren und politische Entscheidungen der Arbeitsmarktpolitik dominieren konnten.

Projektleitung und -bearbeitung

Projektleitung

Prof. Dr. Kim Otto
Universität Würzburg Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Volkswirtschaftliches Institut
kim.otto@uni-wuerzburg.de

Kontakt

Dr. Barbara Fulda
Hans-Böckler-Stiftung
Forschungsförderung
barbara-fulda@boeckler.de

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