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Die Deutsche Bücherei Leipzig als Projekt des Bürgertums im Kaiserreich und in der Weimarer Republik: "Minderwertige" Literatur und nationale Integration

Mit der Gründung der Deutschen Bücherei 1912 in Leipzig wurde - zeitgleich zur »Schmutz- und Schunddebatte« - ein in Deutschland bisher undenkbares Sammelkonzept realisiert: Die nationale Zentralbibliothek des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler erhielt den Auftrag, die gesamte Literatur des Reichs und deutsche Schriften im Ausland zu sammeln - auch die so genannte »minderwertige« Literatur. Sophie Müller weist in ihrer kulturgeschichtlichen Studie empirisch nach, dass dieser Anspruch der Bibliotheksgründer mit überraschender Gewissenhaftigkeit umgesetzt wurde und erörtert die Begründungen, Faktoren und Interessen, die zur Aufnahme diskreditierter Literatur in die Sammlung führten: Die Auffassung von einer modernen wissenschaftlichen Quellensammlung für alle Disziplinen, ein rationalisierter Bibliotheksbetrieb, ein weiter Kulturbegriff und romantisch-nationale Begründungen einer Sammlung aller Äußerungen des »Volksgeists«. Im Kontext der Nationsbildung propagierten die nationalkonservativen und nationalliberalen Verantwortlichen die Integration aller Gesellschaftsgruppen nach innen und einen Kulturimperialismus nach außen.

Quelle

Müller, Tinia Sophie: "Minderwertige" Literatur und nationale Integration
Die Deutsche Bücherei Leipzig als Projekt des Bürgertums im Kaiserreich und in der Weimarer Republik, Göttingen, ISBN: 978-3-8353-3516-5, 413 Seiten

Dissertation an der Eberhard Karls Universität Tübingen, 2017

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