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WSI GenderDatenPortal: Zeit: Abhängig beschäftigte Frauen nach Arbeitszeitgruppen 1991–2020

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Die Arbeitszeiten der abhängig beschäftigten Frauen in Deutschland haben sich innerhalb des Beobachtungszeitraums (1991 bis 2020) stark verändert. Insgesamt hat der Anteil der vollzeitbeschäftigten Frauen deutlich abgenommen, während der Anteil der teilzeitbeschäftigten Frauen stark gestiegen ist. (1) Diese großen Verschiebungen werden auch in den relativen Anteilen der einzelnen Arbeitszeitgruppen sichtbar:

  • Von einem besonders starken Rückgang gezeichnet ist der Anteil der Frauen mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 36 bis 39 Wochenstunden. 1991 arbeitete noch jede dritte Frau in Vollzeit mit 36 bis 39 Stunden, im Jahr 2020 trifft dies nicht einmal mehr auf jede siebte Frau zu. Diese Arbeitszeitgruppe ist damit die „große Verliererin“ bei den Frauen. (2)
  • Auch der Anteil der vollzeitbeschäftigten Frauen mit 40 Wochenstunden fällt 2020 kleiner aus als 1990. Dafür ist vor allem ein Rückgang in den 1990er und frühen 2000er Jahren verantwortlich. Seit 2003 steigt der Anteil der Frauen mit 40 Wochenstunden wieder leicht an und liegt 2020 bei knapp 24 Prozent.
  • Der Anteil der langen und überlangen Arbeitszeiten sank bis in die frühen 2000er-Jahre ebenfalls zunächst ab. Im Jahr 2003 arbeiteten nur knapp 4 Prozent der abhängig beschäftigten Frauen länger als 40 Wochenstunden (Tab. 1). Seither steigt dieser Anteil jedoch – wenn auch auf niedrigem Niveau – kontinuierlich an: 2020 weisen 7 Prozent der Frauen eine solche lange und überlange Wochenarbeitszeit auf.

Demgegenüber sind die relativen Anteile aller Arbeitszeitgruppen unterhalb von Vollzeit zwischen 1991 und 2020 stark angestiegen:

  • Innerhalb des Beobachtungszeitraums hat sich der Anteil der Frauen mit sehr kurzen Arbeitszeiten unterhalb von 15 Wochenstunden insgesamt verdoppelt: Von 6 Prozent (1991) auf gut 12 Prozent (2020). Allerdings ist der Trend seit 2007 wieder ganz leicht rückläufig.
  • Zugenommen hat auch der Anteil der „mittleren“ Teilzeit im Umfang von 15 bis 31 Wochenstunden. Im Jahr 1991 betraf dies weniger als ein Viertel der Frauen, bis zum Jahr 2020 ist ihr Anteil auf über ein Drittel angewachsen. Dabei hat insbesondere die Teilzeitarbeit zwischen 21 und 31 Wochenstunden innerhalb des Beobachtungszeitraums 1991 bis 2020 deutlich zugenommen. (3)
  • Auch die vollzeitnahe Teilzeit hat deutlich an Bedeutung gewonnen, wenn auch auf niedrigem Niveau: Der Anteil der Frauen mit 32 bis einschließlich 35 Wochenstunden hat sich von 3 Prozent (1991) auf fast 8 Prozent (2020) fast verdreifacht.

Im regionalen Vergleich zeigen sich einige Besonderheiten für Ostdeutschland:

  • Frauen in Ostdeutschland arbeiten fast doppelt so häufig in Vollzeit in einer 40-Stunden-Woche wie Frauen in Westdeutschland: Im Jahr 2020 trifft dies auf mehr als ein Drittel der ostdeutschen Frauen (36 Prozent) zu, aber nur auf 21 Prozent der Frauen in Westdeutschland.
  • Frauen in Ostdeutschland arbeiten zugleich deutlich seltener in „kleinen“ Teilzeitarbeitsverhältnissen: Während in Westdeutschland im Jahr 2020 mehr als jede vierte Frau höchstens 20 Stunden pro Woche arbeitet (29 Prozent), trifft dies nur auf jede achte Frau in Ostdeutschland zu (13 Prozent).

Von einem überproportionalen Zuwachs sind vor allem die Bereiche der substantiellen Teilzeit (21 bis 31 Wochenstunden) sowie der vollzeitnahen Teilzeit (32 bis 35 Stunden) geprägt. Die geringfügige Teilzeit (mit weniger als 15 Wochenstunden) hat in den 1990er und 2000er Jahren stark an Bedeutung gewonnen - seit 2007 ist der Anteil dieser Arbeitsverhältnisse mit sehr kurzen Arbeitszeiten aber wieder rückläufig . Insgesamt drückt sich in der Ausweitung der Teilzeitbeschäftigung unter Frauen der Wunsch aus, Familie und Erwerbsarbeit besser vereinbaren zu können. (4) Der Anteil an Frauen (aber auch an Männern), die sich eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit wünschen, ist zwischen 2015 und 2019 angestiegen – unabhängig davon, ob sie in Voll- oder Teilzeit arbeiten. (5) Andererseits spiegeln sich in der Entwicklung der tatsächlichen Arbeitszeiten auch die betrieblichen Bedingungen wider, die Teilzeit als Wahlmöglichkeit verstärkt für Frauen in mittleren Positionen unterstützen. Barrieren gegenüber Teilzeit bestehen sowohl am oberen als auch am unteren Ende der betrieblichen Hierarchie und stärker für Männer als für Frauen. Es sind vor allem weiblich dominierte Arbeitsbereiche, für die – aufgrund von Geschlechterstereotypen – ein höherer Bedarf an Teilzeitmöglichkeiten antizipiert und verwirklicht wird. (6)

Vor dem Hintergrund dieser Befunde erscheint die stark gestiegene Erwerbsbeteiligung von Frauen in einem neuen Licht: Zwischen 1991 und 2020 stieg die Erwerbstätigenquote der Frauen von 57 auf 72 Prozent stark an. (7) Dieser Anstieg ist zudem für alle Altersgruppen ab 25 Jahren festzustellen. (8) Trotz der insgesamt stark gestiegenen Anzahl erwerbstätiger Frauen in Deutschland hat das durchschnittliche Arbeitsvolumen aller Frauen aber nur leicht zugenommen. Dies bedeutet, dass die Zunahme an erwerbstätigen Frauen vor allem auf eine Zunahme an Teilzeitbeschäftigung zurückzuführen ist. (9)

 

Bearbeitung: Dietmar Hobler, Svenja Pfahl, Maike Wittmann

 

Literatur

Backhaus, Nils/ Wöhrmann, Anne Marit/ Tisch, Anita (2020): BAuA-Arbeitszeitbefragung. Vergleich 2015-2017-2019. 1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, letzter Zugriff: 14.06.2022.

DGB/ Hans-Böckler Stiftung (2022): Atlas digitaler Arbeit. Daten und Fakten über die Beschäftigung der Zukunft, letzter Zugriff: 14.06.2022.

Hobler, Dietmar/ Pfahl, Svenja/ Wittmann, Maike (2022a): Teilzeitquoten der abhängig Beschäftigten 1991–2020. In: WSI GenderDatenPortal.

Hobler, Dietmar/ Pfahl, Svenja/ Wittmann, Maike (2022b): Abhängig beschäftigte Männer nach Arbeitszeitgruppen 1991–2020. In: WSI GenderDatenPortal.

Hobler, Dietmar/ Pfahl, Svenja/ Wittmann, Maike (2022c): Erwerbstätigenquoten und Erwerbsquoten 1991–2020. In: WSI GenderDatenPortal.

Hobler, Dietmar/ Pfahl, Svenja (2021): Gründe für Teilzeittätigkeit nach Elternschaft 2019. In: WSI GenderDatenPortal.

Hobler, Dietmar/ Pfahl, Svenja / Horvath, Sandra (2018): Erwerbstätigenquoten nach Altersgruppen 1991–2016. In: WSI GenderDatenPortal.

Hobler, Dietmar/ Pfahl, Svenja/ Rauschnick, Laura (2016): Arbeitszeit. Quantitative Ergebnisse für Deutschland. Expertise für die Kommission „Zukunft der Arbeit“, letzter Zugriff: 14.06.2022.

Klenner, Christina/ Lott, Yvonne (2016): Arbeitszeitoptionen im Lebensverlauf. Bedingungen und Barrieren ihrer Nutzung im Betrieb. Kurzfassung der Ergebnisse, Working Paper der Hans-Böckler-Stiftung, Nr. 203, letzter Zugriff: 14.06.2022.

Schmidt, Tanja/ Matiaske, Wenzel/ Seifert, Hartmut/ Tobsch, Verena/ Holst, Elke (2020): Verlaufsmuster tatsächlicher und gewünschter Arbeitszeiten im Lebensverlauf. Persistenzen und Wandel von Arbeitszeitdiskrepanzen. Working Paper Forschungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung, Nr. 173, letzter Zugriff: 14.06.2022.

Statistisches Bundesamt (2022): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung. Ergebnisse des Mikrozensus zum Arbeitsmarkt 2022 (Endgültige Ergebnisse), Fachserie 1 Reihe 4.1., letzter Zugriff: 14.06.2022.

Statistisches Bundesamt (2021): Mikrozensus. Qualitätsbericht 2020, letzter Zugriff: 14.06.2022.

Statistisches Bundesamt (2019): Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung. Ergebnisse des Mikrozensus zum Arbeitsmarkt 2018, Fachserie 1 Reihe 4.1, letzter Zugriff: 14.06.2022.

Statistisches Bundesamt (2016): Mikrozensus. Bevölkerung und Erwerbstätigkeit. Stand und Entwicklung der Erwerbstätigkeit in Deutschland, Fachserie 1 Reihe 4.1.1.

Statistisches Bundesamt (2012): Methodeninformation. Mikrozensus und Arbeitskräfteerhebung: Ergebnisse zur Erwerbstätigkeit ab dem Jahr 2011, letzter Zugriff: 14.06.2022.

 


(1) Vgl. Hobler, Dietmar/ Pfahl, Svenja/ Wittmann, Maike (2022a): Teilzeitquoten der abhängig Beschäftigten 1991–2020. In: WSI GenderDatenPortal.

(2) Auch bei den Männern ist eine besonders starke Abnahme für die Arbeitszeitgruppe der Vollzeitbeschäftigten mit 36 bis 39 Stunden festzustellen. Vgl. Hobler, Dietmar/ Pfahl, Svenja/ Wittmann, Maike (2022b): Abhängig beschäftigte Männer nach Arbeitszeitgruppen 1991 – 2020. In: WSI GenderDatenPortal.

(3) Die Abgrenzung dieser Arbeitszeitgruppen wurde Ende der 1990er Jahre allerdings verändert. Bis 1998 umfasst die Arbeitszeitgruppe noch 21 bis 30 Stunden, ab dem Jahr 1999 wurde die Arbeitszeitgruppe auf 21 bis 31 Stunden erweitert (siehe auch methodische Anmerkungen). Im direkten Vergleich der Jahre 1998 und 1999 hat sich der relative Anteil der Arbeitszeitgruppe dadurch jedoch kaum verändert.

(4) Mehr als drei Viertel der teilzeitbeschäftigten Frauen mit Kindern geben als Grund für ihre Teilzeitbeschäftigung familiäre Verpflichtungen bei der Betreuung von Kindern oder der Pflege von Angehörigen an. Vgl. Hobler, Dietmar/ Pfahl, Svenja (2021): Gründe für Teilzeittätigkeit nach Elternschaft 2019. In: WSI GenderDatenPortal.

(5) 2019 gaben bei einer Befragung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zur Arbeitszeit 51 Prozent der befragten Frauen an, dass sie ihre Arbeitszeit gerne reduzieren würden. Vgl. Backhaus, Nils/ Wöhrmann, Anne Marit/ Tisch, Anita (2020): BAuA-Arbeitszeitbefragung Vergleich 2015-2017-2019, Tab.8 auf S. 86.

(6) Vgl. Klenner, Christina/ Lott, Yvonne (2016): Arbeitszeitoptionen im Lebensverlauf. Bedingungen und Barrieren ihrer Nutzung im Betrieb. Kurzfassung der Ergebnisse, Working Paper der Hans-Böckler-Stiftung, Nr. 203, S. 7 und S. 11ff.

(7) Vgl. Hobler, Dietmar/ Pfahl, Svenja/ Wittmann, Maike (2022c): Erwerbstätigenquoten und Erwerbsquoten 1991 – 2020. In: WSI GenderDatenPortal.

(8) Dabei gilt: Der Anstieg der Erwerbstätigenquote fällt mit zunehmendem Alter höher aus. Vgl. Hobler, Dietmar / Pfahl, Svenja / Horvath, Sandra (2018): Erwerbstätigenquoten nach Altersgruppen 1991 – 2016. In: WSI GenderDatenPortal.

(9) Vgl. Hobler, Dietmar/ Pfahl, Svenja/ Rauschnick, Laura (2016): Arbeitszeit. Quantitative Ergebnisse für Deutschland. Expertise für die Kommission „Zukunft der Arbeit“, S. 33ff.

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