zurück

WSI GenderDatenPortal: Sorgearbeit: Ganztagsbetreuung von Kleinkindern nach Alter und Region 2007-2022

Download Daten (xlsx)

Grafiken, Analyse, Tabellen (pdf)

 

Im Jahr 2022 wird deutschlandweit fast jedes zweite Kind im Alter zwischen 3 und unter 6 Jahren ganztägig betreut, d. h. es befindet sich mindestens 7 Stunden pro (Werk-)Tag in institutioneller Betreuung (Grafik 1). Bei Kindern unter 3 Jahren ist immerhin fast jedes fünfte Kind in einer Ganztagsbetreuung.

Innerhalb des Beobachtungszeitraums 2007 bis 2022 lässt sich ein überaus starker Anstieg der Ganztagsbetreuung verzeichnen (vgl. Grafik 1): Bei den 3- bis unter 6-jährigen Kindern hat sich der Anteil der ganztagsbetreuten Kinder in Deutschland von 24 Prozent auf 47 Prozent fast verdoppelt. Bei den Kindern unter 3 Jahren hat sich der Anteil in diesem Zeitraum sogar fast verdreifacht (von 7 auf 19 Prozent). Diese Entwicklung ist auf einen rasanten Anstieg vor allem zwischen 2007 und 2015 zurückzuführen, der sich in den Jahren danach etwas abschwächte.

Im Jahr 2021 ist die Ganztagsbetreuungsquote erstmals im Beobachtungszeitraum leicht gesunken. Ein Grund dafür ist die veränderte Betreuungssituation durch die Corona-Pandemie. Durch Lockdowns und Kontaktbeschränkungen kam es 2020 und 2021 zur zwischenzeitlichen Schließung von KiTas bzw. zu einer Einschränkung der institutionellen Kinderbetreuung. (1) Dadurch konnte eine große Zahl an Kindern temporär gar nicht oder nur in geringerem Umfang betreut werden. (2) Wechsel in Home-Office und Kurzarbeit haben außerdem dazu beigetragen, dass manche Familien gar nicht (mehr) zwingend auf einen Ganztagsplatz angewiesen waren. (3)

Der regionale Vergleich (vgl. Grafik 2) zeigt, dass die Ganztagsbetreuung von Kleinkindern in Ostdeutschland immer noch deutlich stärker etabliert ist als in Westdeutschland:

  • Im Jahr 2022 war die Ganztagsbetreuungsquote für Kinder zwischen 3 und 6 Jahren in Ostdeutschland mit 73 Prozent um mehr als 30 Prozentpunkte höher als in Westdeutschland (41 Prozent). Bei den Kindern unter 3 Jahren fällt die Ganztagsbetreuungsquote in Ostdeutschland (41 Prozent) sogar fast dreimal höher aus als in Westdeutschland (15 Prozent). (4)
  • Der Abstand der Ganztagsbetreuungsquote zwischen West- und Ostdeutschland hat sich zwischen 2007 und 2022 bei Kindern im Alter zwischen 3 und 6 Jahren verringert (von 43 auf 32 Prozentpunkte), vor allem weil die Ganztagsbetreuung in Westdeutschland in dieser Altersgruppe – von einem niedrigen Ausgangsniveau startend – stark aufgeholt hat.
  • Bei Kindern unter 3 Jahren hat der sich der Vorsprung Ostdeutschlands bei der Ganztagsbetreuungsquote innerhalb des Beobachtungszeitraums jedoch weiter vergrößert: von 24 Prozentpunkten im Jahr 2007 auf 26 Prozentpunkte im Jahr 2022. Zwar werden 2022 auch in Westdeutschland deutlich mehr unter 3-Jährige ganztags betreut als noch 2007 (15 anstelle von 3 Prozent), aber in Ostdeutschland ist ihr Anteil im Beobachtungszeitraum ebenfalls weiter angestiegen (von 27 auf 41 Prozent).

Noch extremer fallen die Unterschiede der Ganztagsbetreuung im Vergleich der einzelnen Bundesländer aus (vgl. Grafik 3):

  • Kinder im Kindergartenalter (zwischen 3 und 6 Jahren) werden in Thüringen fast ausnahmslos ganztags betreut (92 Prozent). Im Vergleich dazu weist Berlin (mit 57 Prozent) die niedrigste Quote für ein ostdeutsches Bundesland auf, liegt damit aber immer noch gleichauf mit dem Saarland (58 Prozent), dem westdeutschen Bundesland mit der höchsten Ganztagsbetreuungsquote. Die mit Abstand niedrigste Ganztagsbetreuungsquote in Deutschland weist Baden-Württemberg (24 Prozent) auf.
  • Noch deutlicher sind die Länderunterschiede bei der Ganztagsbetreuung von Kleinkindern unter 3 Jahren: Auch hier weisen alle ostdeutschen Bundesländer deutlich höhere Ganztagsbetreuungsquoten auf als alle westdeutschen Bundesländer. Mit 52 Prozent fällt die höchste Betreuungsquote in einem ostdeutschen Bundesland (Thüringen) rund fünfmal so hoch aus wie die niedrigste Betreuungsquote in einem westdeutschen Bundesland (Bayern und Baden-Württemberg: 11 Prozent).

Trotz des starken Ausbaus der institutionalisierten Kinderbetreuung in den letzten Jahren, wird der Bedarf an Kinderbetreuungszeiten in Deutschland aktuell immer noch nicht gedeckt. Dies gilt besonders für den Betreuungsbedarf von Kindern unter 3 Jahren: Im Jahr 2020 hatten ein Fünftel der Eltern trotz Bedarf keinen Betreuungsplatz für ihr Kind. (5) Der Anteil derjenigen Eltern, die sich für ihr unter 3-jähriges Kind eine ganztägige Betreuung wünschen, ist 2020 und 2021 jedoch etwas zurückgegangen – halbtätige Angebote und der sog. erweiterte Halbtag (25 bis 35 Stunden/Woche) haben jedoch an Beliebtheit gewonnen. (6)

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.

Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau, Maike Wittmann


Literatur

Böttcher, Sabine/Gebauer, Ronald (2020): Kitas und Kindererziehung in Ost und West. Lange Wege der Deutschen Einheit. Bundeszentrale für politische Bildung,, letzter Zugriff: 21.08.2023.

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2022): Kindertagesbetreuung Kompakt. Ausbaustand und Bedarf 2021, letzter Zugriff: 21.08.2023.

Deutsches Jugendinstitut (2022): Quartalsbericht der Corona-KiTa-Studie. 7. Quartalsbericht (II/2022), April 2022, https://corona-kita-studie.de/quartalsberichte-der-corona-kita-studie, letzter Zugriff: 21.08.2023.

Kayed, Theresie/Anton, Jeffrey/Kuger, Susanne  (2022): Der Betreuungsbedarf bei U3­

und U6­Kindern. DJI­Kinderbetreuungsreport 2021. Studie 1 von 7, letzter Zugriff: 21.08.2023.

Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2019). Kindertagesbetreuung regional 2018. Ein Vergleich aller Kreise in Deutschland, letzter Zugriff: 21.08.2023.

Statistische Ämter des Bundes und der Länder (2010). Kindertagesbetreuung regional 2009. Ein Vergleich aller 412 Kreise in Deutschland, Wiesbaden,  letzter Zugriff: 21.08.2023.

Statistisches Bundesamt (2022): Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe. Kinder und tätige Personen in Tageseinrichtungen und in öffentlich geförderter Kindertagespflege am 01.03.2022, letzter Zugriff: 21.08.2023.

 


(1) Da die Erhebung der verwendeten Daten jährlich zum 01. März erfolgt (siehe Glossar) sind die Effekte des ersten Corona-Lockdowns ab Mitte März 2020 hier nicht sichtbar.

(2) Vgl. Deutsches Jugendinstitut (2022): Quartalsbericht der Corona-Kita-Studie, S.14f.

(3) Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2022): Kindertagesbetreuung Kompakt, S. 35.

(4) Regionale Unterschiede in den Betreuungsquoten zwischen West- und Ostdeutschland sind auf die nachwirkende große Bedeutung von (ganztägiger) öffentlicher Kinderbetreuung zu DDR-Zeiten zurückzuführen. In der DDR war öffentliche Kinderbetreuung als unterste Stufe Bestandteil des staatlichen Bildungssystems und auf die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit (gerade für Frauen) ausgelegt. In der ehemaligen Bundesrepublik war Kinderbetreuung stärker im Privaten verordnet und fand in öffentlichen Einrichtungen wenn dann halbtätig statt. Vgl. Böttcher, Sabine/Gebauer, Ronald (2020): Kitas und Kindererziehung in Ost und West.

(5) Vgl. Kayed, Theresie/Anton, Jeffrey/Kuger, Susanne (2022): Der Betreuungsbedarf bei U3­und U6­Kindern. DJI­Kinderbetreuungsreport 2021. S. 17ff.

(6) Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2022): Kindertagesbetreuung Kompakt, S. 35.

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen