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WSI GenderDatenPortal: Sorgearbeit: Elterngeldbezug in Deutschland 2008-2019

Grafiken, Analysen, Tabellen (pdf)

Daten (xlsx)

 

Nahezu alle Frauen haben für ihre in den Jahren 2008 bis 2019 geborenen Kinder Elterngeld in Anspruch genommen. Der Anteil der Elterngeld beziehenden Mütter liegt in allen Jahren bei etwa 98 Prozent (Grafik 1). Im Vergleich beteiligen sich Männer seltener am Elterngeldbezug: Für die im Jahr 2019 geborenen Kinder haben immer noch weniger als die Hälfte aller Väter von ihrem Anspruch auf Elterngeld Gebrauch gemacht.

Innerhalb des Beobachtungszeitraums ist der Anteil der Väter, die Elterngeld beziehen, jedoch stark angestiegen: Für die 2008 geborenen Kinder bezog nur jeder fünfte Vater (21 Prozent) Elterngeld, dieser Anteil hat sich für die im Jahr 2019 geborenen Kinder auf knapp 44 Prozent mehr als verdoppelt. Damit nutzen wesentlich mehr Väter das 2007 eingeführte Elterngeld als das bis 2006 bestehende Erziehungsgeld, welches zuletzt nur von 3 Prozent der Väter in Anspruch genommen wurde. (1)

Die zusätzlichen Instrumente ElterngeldPlus, als auch der Partnerschaftsbonus (vgl. Glossar) sind zum Juli 2015 in Kraft getreten – verbunden mit der Absicht, Wahlmöglichkeiten für Eltern zu erweitern, die Väterbeteiligung zu steigern und explizit partnerschaftliche Nutzungsmuster zu unterstützen. Dies schlägt sich jedoch nicht in den Daten der Elterngeldstatistik bis 2019 nieder: Die Väterbeteiligung steigt zwar seit Jahren kontinuierlich leicht an (um rund 2 Prozentpunkte von Jahr zu Jahr), darüber hinaus ist für die Geburtsjahre 2016 bis 2019 jedoch kein „zusätzlicher“ Effekt zu beobachten. Ab dem Geburtsjahr 2016 flachte die jährliche Steigerung in der Väterbeteiligung sogar eher leicht ab. Dies wirft Zweifel auf, ob mit dem Angebot von ElterngeldPlus und/oder Partnerschaftsbonus tatsächlich „zusätzliche“ Väter für den Elterngeldbezug gewonnen werden konnten. (2)

Der regionale Vergleich zeigt, dass Männer in Ostdeutschland seit 2008 das Elterngeld durchgängig zu einem höheren Anteil nutzen als Männer in Westdeutschland (Grafik 2). Für 2019 beträgt der Abstand zwischen Elterngeld-nutzenden Männern in Ostdeutschland (48 Prozent) und Westdeutschland (43 Prozent) knapp 5 Prozentpunkte. Zugleich bestehen große Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern (Grafik 3): Im Jahr 2019 beziehen nun erstmalig in drei Bundesländern – Sachsen (55 Prozent), Bayern (51 Prozent) und Thüringen (50 Prozent) – mindestens die Hälfte aller Väter Elterngeld. Zuvor hatte nur Sachsen diese 50-Prozent-Marke erreicht. Knapp dahinter liegen dann Brandenburg (48 Prozent), Baden-Württemberg (47 Prozent) und Berlin (46 Prozent). Vergleichsweise selten beziehen Männer hingegen im Saarland (32 Prozent), in Bremen (36 Prozent) und in Nordrhein-Westfalen (37 Prozent) Elterngeld.

Hintergrund: Der Vergleich nach Bundesländern macht deutlich, dass der Elterngeldbezug durch Männer nicht nur von einem Ost-West-Gefälle, sondern von einem noch stärkeren Süd-Nord-Gefälle geprägt ist (mit Ausnahme der Stadtstaaten Berlin und Hamburg). Es sind gerade die Bundesländer mit guter/stabiler Arbeitsmarktlage, in denen Väter ihren Anspruch auf Elterngeld häufiger nutzen. Vorliegende Forschungsergebnisse bestätigen, dass ökonomische Faktoren und gesicherte Beschäftigungsverhältnisse einen starken Einfluss auf die Elterngeldnutzung von Vätern haben. Finanzielle Einschränkungen und berufsbezogene Konsequenzen sind für Männer die häufigsten Gründe, sich gegen eine Elternzeit zu entscheiden oder diese kurz zu halten. (3) Hingegen konnte eine stärkere Nutzung des Elterngeldes für Väter nachgewiesen werden, die selbst einen hohen Bildungsabschluss haben, unbefristet beschäftigt sind und in größeren Unternehmen arbeiten. (4)

Entscheidend für die jeweiligen Nutzungsmuster von Frauen und Männer ist daneben, dass die Inanspruchnahme des Elterngeldes immer im Paarkontext entschieden wird. Ob und wie lange Väter in Elterngeldbezug gehen, hängt von den ökonomischen Ressourcen beider Partner*innen ab. Väter gehen eher in Elternzeit, wenn ihr*e Partner*in erwerbstätig ist und ein hohes Einkommen erwirtschaftet. Neben der Arbeitsmarktlage spielt auch insbesondere das lokale Angebot an institutioneller Kinderbetreuung eine Rolle für die Nutzungsentscheidung des Paares: Die Möglichkeiten zur Betreuung von Kindern unter drei Jahren sind in Ostdeutschland allerdings nach wie vor deutlich höher ausgeprägt als in Westdeutschland. (5)

Weitere Informationen (Definitionen wichtiger Begriffe und methodische Anmerkungen zur Datengrundlage) sind in den Pdf-Dateien enthalten, die zum Download bereitstehen.

 

Bearbeitung: Svenja Pfahl, Eugen Unrau, Maike Wittmann

 

Literatur

Geyer, Johannes/Krause, Alexandra (2016): Veränderungen der Erwerbsanreize durch das Elterngeld Plus für Mütter und Väter. DIW Discussion Paper 1592, letzter Zugriff: 23.01.2023.

Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2021): Betreuungsquoten von Kindern unter drei Jahren nach Alter 2010 – 2020. In: WSI GenderDatenPortal.

Huebener, Mathias/Müller, Kai-Uwe/ Neumann, Michael/Wrohlich, Katharina (2016): Zehn Jahre Elterngeld: Eine wichtige familienpolitische Maßnahme. In: DIW Wochenbericht 49/2016, S. 1159-1166,
letzter Zugriff: 23.01.2023.

Müller, Kai-Uwe/Neumann, Michael/Wrohlich, Katharina (2015): Familienarbeitszeit: mehr Arbeitszeit für Mütter, mehr Familienzeit für Väter. In: DIW Wochenbericht 46/2015: Familienarbeitszeit „reloaded“, S. 1095-1103,
letzter Zugriff: 23.01.2023.

Pfahl, Svenja/Reuyß, Stefan (2022): Reformvorschläge für die Ausgestaltung des Elterngeldes. Unter Mitarbeit von Maike Wittmann. Friedrich-Ebert-Stiftung. Berlin, letzter Zugriff 15.02.2023

Samtleben, Claire/Schäper, Clara/Wrohlich, Katharina (2019): Elterngeld und Elterngeld Plus: Nutzung durch Väter gestiegen, Aufteilung zwischen Müttern und Vätern aber noch sehr ungleich. In: DIW Wochenblick 35/2019, S. 607-614, letzter Zugriff: 23.01.2023.

Statistisches Bundesamt (2021): Bundesstatistik zum Elterngeld. Qualitätsbericht, letzter Zugriff: 23.01.2023.

Statistisches Bundesamt (2022): Statistik zum Elterngeld – Beendete Leistungsbezüge für im Jahr 2019 geborene Kinder. Januar 2019 bis März 2022, Wiesbaden.


(1) Vgl. Samtleben, Claire/Schäper, Clara/Wrohlich, Katharina (2019): Elterngeld und Elterngeld Plus, S. 609.

(2) Mehr zur Diskussion der partnerschaftlichen Effekte des Elterngeldes in Pfahl, Svenja/Reuyß, Stefan (2022): Reformvorschläge für die Ausgestaltung des Elterngeldes.

(3) Vgl. Samtleben, Claire/Schäper, Clara/Wrohlich, Katharina (2019): Elterngeld und Elterngeld Plus, S. 610f.

(4) Vgl. Huebener et al. (2016): Zehn Jahre Elterngeld: Eine wichtige familienpolitische Maßnahme, S. 1163.

(5) Vgl. Hobler, Dietmar/Pfahl, Svenja/Unrau, Eugen (2021): Betreuungsquoten von Kindern unter drei Jahren nach Alter 2010 – 2020. In: WSI GenderDatenPortal.

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