Projektbeschreibung
Kontext
Die Arbeitsbelastungen und der Fachkräftemangel im Gesundheitswesen sind hinlänglich bekannt. Heute erreicht nur jede zehnte Fachkraft der Gesundheitswirtschaft in ihrem Beruf das Renteneintrittsalter. Trotz des Problemdrucks, elaborierter Handlungskonzepte (z.B. von der Berufsgenossenschaft BGW oder der Initiative Neue Qualität der Arbeit) und positiven Effekten für Beschäftigte wie Unternehmen führt die Förderung von Beschäftigungsfähigkeit und Gesundheit in den Einrichtungen der Gesundheitswirtschaft immer noch ein Schattendasein. Ausgehend von diesem Widerspruch hat die Studie auf das Umsetzungsdefizit bei der betrieblichen Gesundheitsförderung in einer von Finanzdruck, Personalmangel und hohen qualitativen Anforderungen belasteten Branche fokussiert.
Fragestellung
Gegenstandsbereich war die Situation in Krankenhäusern und in der Altenpflege. In diesen Bereichen ist der überwiegende Teil der Beschäftigten des Gesundheitswesens tätig, und es lassen sich die Konstellationen in großen wie auch in kleineren Organisationen rekonstruieren. Folgende Fragestellungen standen im Mittelpunkt:
- Welche Handlungsspielräume sehen die Akteure für die Umsetzung von Maßnahmen zur Gesundheitsförderung?
- Wo werden förderliche und hinderliche Rahmenbedingungen für die Umsetzung solcher Maßnahmen gesehen?
- Inwiefern existieren in der betrieblichen Praxis elaborierte Strategien oder informelle Vorgehensweisen, um leistungsgeminderte Beschäftigte adäquat einzusetzen?
- Welche Akteurskonstellationen haben die Umsetzung von Präventionsstrategien vorangetrieben?
- Wie sehen die Beschäftigten die Handlungsbedarfe und die Umsetzungsbedingungen für solche Maßnahmen?
Untersuchungsmethoden
Im Rahmen der Erhebungen wurde in einem ersten Schritt eine Expertenbefragung mit Branchen- und Gesundheitsexperten (n=17) durchgeführt, um aus überbetrieblicher Perspektive die Rahmenbedingungen sowie mögliche Implementationsbarrieren für die betriebliche Gesundheitsförderung ausleuchten. In einer zweiten Projektphase wurden betriebliche Fallstudien in Krankenhäusern, stationären Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegediensten durchgeführt. Dabei standen die Organisationsstrategien sowie die subjektiven Orientierungen der Beschäftigten als begünstigende oder hemmende Faktoren für die Realisierung von Präventionsstrategien im Mittelpunkt. Als Erhebungsmethoden kamen eine standardisierte Mitarbeiterbefragung (n=744) sowie leitfadengestützte Interviews mit Führungskräften, betrieblichen Experten sowie mit Pflege- und Betreuungskräften (n=55) zum Einsatz.
Darstellung der Ergebnisse
Die Ergebnisse zeigen vor allem Barrieren für betriebliche Gesundheitsförderung:
- Neben der immer noch bestehenden strukturellen Unterfinanzierung der Pflege unterläuft der Arbeitsmarkt als externer Faktor betriebliche Strategien zur Belastungsregulierung, weil ein adäquater Ausgleich durch Personalaufbau für viele Einrichtungen nicht mehr zu realisieren ist. Die Personaluntergrenzen für Kliniken sind so gering angesetzt, dass betriebliche Akteure eher eine Verschlechterung denn eine Verbesserung der Belastungssituation befürchten.
- Zusätzliche Mittel z.B. der Kassen für BGF ("Pflegeeuro") kommen eher selektiv bei denjenigen Trägern an, die ohnehin schon Kooperationen zu den Krankenkassen etabliert haben. Dennoch stärken solche Kooperationen die Nachhaltigkeit von BGF.
- Der Versorgungsauftrag für Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser umfasst die Verpflichtung, hilfebedürftigen Patienten und Pflegebedürftigen notwendige Versorgungsleistungen zukommen zu lassen. Mit dieser Verpflichtung korrespondiert das Berufsethos von Pflegekräften. Beides erschwert eine Abgrenzung der Beschäftigten gegenüber den Arbeitsanforderungen und -belastungen.