zurück
HBS Böckler Impuls

Innovation: Fortschritt braucht Kooperation

Ausgabe 15/2016

Um konkurrenzfähig zu bleiben, sollte sich die deutsche Wirtschaft bei Forschung und Entwicklung international besser vernetzen.

Deutschland verfügt über keine nennenswerten Bodenschätze, ist im globalen Vergleich kein Billiglohnland und keine Steueroase. Stattdessen ist die Wirtschaft darauf angewiesen, mit der Qualität ihrer Produkte und Dienstleistungen im internationalen Wettbewerb zu überzeugen. Innovationen sind dafür eine essentielle Voraussetzung. Wie gut deutsche Unternehmen bei Forschung und Entwicklung (FuE) im weltweiten Vergleich dastehen, hat ein Forscherteam des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung untersucht.

Die Wissenschaftler haben zum einen die Ausgaben für FuE im internationalen Kontext analysiert. Bei den klassischen Indikatoren, die die gesamtwirtschaftlichen FuE-Ausgaben ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt setzen, liegen die etablierten Industriestaaten vorn. Deutschland belegt hier hinter den USA Rang acht, an der Spitze rangieren Israel, Japan und Finnland.

Die Unterschiede zwischen den Nationen nehmen ab, wenn man den Austausch von Vorleistungen berücksichtigt: Indem sie ausländische Produkte aus forschungsintensiven Branchen weiterverarbeiten, könnten Länder Technologie importieren, schreiben die Experten. Der Studie zufolge sind fünf Branchen für den Löwenanteil der globalen FuE-Ausgaben verantwortlich: der Fahrzeugbau, die Elektrotechnik, der Maschinenbau, die Datenverarbeitung sowie der Bereich Chemie, Gummi, Kunststoff und Kokerei. Über den Austausch von Vorleistungen geben die forschungsstarken Branchen in hohem Maße Wissen an andere Bereiche der Wirtschaft wie zum Beispiel das Baugewerbe oder den öffentlichen Dienst ab und tragen so zum Fortschritt in diesen Branchen bei.

Neben den Verflechtungen beim Leistungsaustausch haben die IW-Experten Kooperationen bei Patenten untersucht, um so internationale Wissensnetzwerke zu identifizieren. Der Auswertung zufolge ist die Zahl solcher Netzwerke zwischen 1995 und 2014 erheblich gewachsen. Mitte der 1990er-Jahre waren 105 Länder an grenzüberschreitenden Patenten beteiligt, 2014 waren es 147. Deutschland kooperiert mittlerweile mit 73 anderen Nationen und erreicht damit Platz zwei hinter den USA. Der Anteil der Patente mit ausländischen Ko-Erfindern ist seit 1995 weltweit von 4,8 auf 7,1 Prozent gestiegen, hierzulande von 7,5 auf 14 Prozent. Dennoch ist im gleichen Zeitraum Deutschlands Anteil an sämtlichen grenzüberschreitenden Patenten von 30 auf 24 Prozent zurückgegangen. Bei der absoluten Zahl sei Deutschland nach den USA und Japan zwar weiter führend, allerdings drohe China aufzuholen, so die Forscher.

Deutschland fällt in wichtigen Bereichen zurück

Auch „Schlüsseltechnologien der Digitalisierung“ haben die Wissenschaftler betrachtet. Hier gehöre Deutschland zwar zu den fünf führenden Nationen. Überdurchschnittliche Dynamik weise die Bundesrepublik allerdings nur in einigen wenigen Bereichen wie Verschlüsselung, digitale Signatur und Datenkomprimierung auf. Bei der Mehrheit der 17 untersuchten Technologien hinke die deutsche Wirtschaft dagegen hinterher. In wichtigen Bereichen wie der Robotik und dem 3D-Druck drohe sie den Anschluss zu verlieren.

Das Fazit: Deutschland sei zwar hinsichtlich seiner FuE-Aktivitäten nach wie vor sehr gut aufgestellt, die Vorsprünge zu anderen Ländern seien jedoch nicht so groß, wie es auf den ersten Blick erscheint. Um den Innovationsvorsprung und die wirtschaftliche Stärke in den Kernsektoren der deutschen Industrie zu erhalten, müssten die FuE-Aktivitäten gestärkt werden. Die IW-Forscher empfehlen einen verstärkten Austausch zwischen Unternehmen aus verschiedenen Branchen und mehr internationale Kooperationen – gerade in Europa. Die Vernetzung von Kernindustrien wie dem Maschinenbau oder der Automobilindustrie mit der IT- und Elektrotechnikbranche müsse weiter ausgebaut werden. Neben starken internationalen Produktionsnetzen, in denen Deutschland schon führend ist, bedürfe es ebenso starker Wissensnetze.

  • Die Bedeutung grenzüberschreitender Kooperationen bei Patenten hat erheblich zugenommen. Zur Grafik

IW Consult: Internationale Wissensnetze (pdf), Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung, Köln, September 2016

Impuls-Beitrag als PDF

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen