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HBS Böckler Impuls

Verteilung: Arm bleibt arm

Ausgabe 19/2015

Der wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland geht an Teilen der Bevölkerung vorbei. Die Ungleichheit der Einkommen ist zuletzt wieder gestiegen, die Aufstiegschancen sind geringer.

Die Wirtschaft ist kräftig gewachsen. Die Zahl der Arbeitslosen ist auf einen Tiefstand gefallen. Und sogar die realen Löhne sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Das Problem: „Der Aufschwung ist nicht in allen Bevölkerungsschichten angekommen, sondern verteilt sich höchst ungleich“, schreibt Dorothee Spannagel im aktuellen WSI-Verteilungsbericht. Nachdem sich die Einkommen von Arm und Reich zu Beginn der 2000er-Jahre besonders stark auseinanderentwickelt hätten, habe die Ungleichheit gegen Ende des Jahrzehnts stagniert, zuletzt jedoch wieder zugenommen.

Die verfügbaren Einkommen der unteren 40 Prozent der Verteilung sind in den letzten 15 Jahren gesunken. Selbst in der Mitte der Bevölkerung sind die Entgelte unter Berücksichtigung der Inflation lediglich konstant geblieben. Die Zuwächse der oberen 10 Prozent fallen hingegen „weit überdurchschnittlich“ aus. Angetrieben wird diese Entwicklung vor allem durch die wachsende Bedeutung von Kapitaleinkommen: In den 1990er-Jahren stiegen Gewinneinkommen und Arbeitnehmerentgelte zunächst parallel an, zwischen 2003 und 2007 schossen Erstere dann in die Höhe. Der Anteil der Arbeitseinkommen am gesamten Volkseinkommen ist dadurch zurückgegangen – die Lohnquote sank von 72,5 Prozent im Jahr 2000 auf aktuell rund 69 Prozent.

Zugleich ist die Armut gewachsen: Anfang der 2000er-Jahre galten 10 Prozent der Deutschen als arm, 2012 gut 14 Prozent. Der Anteil der Reichen ist ebenso gestiegen – daran hat auch die Finanzkrise nichts geändert. „Die sehr Reichen schweben regelrecht über den konjunkturellen Krisen, während viele Arme auch von einem länger andauernden wirtschaftlichen Aufschwung kaum profitieren können“, so die Autorin. Die Verteilung der Einkommen sei in den letzten drei Jahrzehnten deutlich ungleicher geworden – und zugleich habe sich die Chancengleichheit verringert: Arme blieben heute mit höherer Wahrscheinlichkeit arm, Reiche reich.

  • In den 1990er-Jahren stiegen Gewinneinkommen und Arbeitnehmerentgelte zunächst parallel an, zwischen 2003 und 2007 schossen Erstere dann in die Höhe. Grafik als CSV herunterladen Zur Grafik
  • Anfang der 1990er-Jahre galten 11 Prozent der Deutschen als arm, 2012 gut 14 Prozent. Der Anteil der Reichen ist von 6 auf 8 Prozent gestiegen. Grafik als CSV herunterladen Zur Grafik

Dorothee Spannagel: Trotz Aufschwung: Einkommensungleichheit geht nicht zurück (pdf), WSI-Verteilungsbericht 2015

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