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HBS Böckler Impuls

Europa: Arbeitslose Jugend - der Preis der Sparpolitik

Ausgabe 16/2015

Die EU hat Milliarden zum Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit in den Krisenländern bereitgestellt. Solange ihre übrige Politik das Wirtschaftswachstum bremst und sozialpartnerschaftliche Strukturen zerstört, nützt das aber wenig.

Jeder Europäer unter 25 Jahren, der die Schule verlassen oder den Job verloren hat, soll binnen vier Monaten ein Arbeitsplatz- oder Qualifikationsangebot bekommen. So haben es die Arbeitsminister der EU-Staaten 2013 beschlossen. Für diese „Jugendgarantie“ bewilligten sie 6,4 Milliarden Euro – zusätzlich zu anderen Programmen und dem gut gefüllten Europäischen Sozialfonds. Damit stehen in den kommenden Jahren über 90 Milliarden Euro zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit zur Verfügung, erläutert Gerhard Bosch, Direktor des Instituts Arbeit und Qualifikation. Das Problem ist jedoch, dass die Mittel kaum abgerufen werden. So sind von den 6,4 Milliarden gerade einmal 900 Millionen abgeflossen. Dafür gibt es dem Arbeitsmarktforscher zufolge eine Reihe von Gründen:

Die Arbeitsämter in den Krisenländern sind überlastet, so dass sie nicht zur Umsetzung neuer Programme kommen.

Der Staat findet häufig keine Bündnispartner für Ausbildungs- und Beschäftigungsinitiativen mehr, nachdem die bisherige Krisenpolitik darauf gesetzt hat, die Tarifsysteme und damit Gewerkschaften, Kammern oder Arbeitgeberverbände zu schwächen. In einer fragmentierten Wirtschaft fehlen schlicht die Ansprechpartner.

Die Einrichtung dualer Ausbildungssysteme ist zwar vielerorts vorgesehen, lässt sich aber nicht von heute auf morgen umsetzen. Zumal sich die Voraussetzungen durch die Troika-Politik nicht verbessert, sondern verschlechtert haben. Nötig wäre der Ausbau sozialpartnerschaftlicher Institutionen und Netzwerke, nicht deren Demontage, so Bosch.

In schrumpfenden oder bestenfalls schwach wachsenden Volkswirtschaften besteht kaum Arbeitskräftebedarf und wenig Ausbildungsbereitschaft aufseiten der Unternehmen. So werden EU-Mittel am ehesten eingesetzt, um Lohnkostenzuschüsse zu finanzieren. Ob dadurch zusätzliche Arbeits- oder Ausbildungsplätze entstehen, ist höchst fraglich.

Grundsätzlich ließen sich die Arbeitsmarktschwierigkeiten Jüngerer nicht von der übrigen Wirtschaftspolitik trennen, erklärt Bosch: „Auch das beste Ausbildungssystem kann Jugendliche bei geringem oder negativem Wachstum auf Dauer nicht vor Arbeitslosigkeit schützen.“ Eine Untersuchung des Internationalen Währungsfonds bestätigt dies. Demnach geht die Zunahme der Jugendarbeitslosigkeit in den Krisenländern zu 70 Prozent auf das schwache Wachstum zurück. Und das ist eine Folge der von der EU verordneten Sparpolitik.

Gerhard Bosch: Jugendarbeitslosigkeit in Europa – warum versagen milliardenschwere Hilfsprogramme?, in: ifo Schnelldienst 17/2015

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