zurück
HBS Böckler Impuls

Arbeitsbedingungen: Betriebe tun zu wenig für Hörgeschädigte

Ausgabe 15/2015

Wer schwerhörig ist, hat Anspruch auf einen behindertengerechten Arbeitsplatz. Bei der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben hapert es allerdings.

Beeinträchtigungen des Hörvermögens sind weit verbreitet: Schätzungen zufolge leidet etwa ein Fünftel der Bevölkerung unter Schwerhörigkeit, unter den 50- bis 59-Jährigen etwa ein Viertel. Beruflich hätten die Betroffenen oft mit erheblichen Problemen zu kämpfen, schreiben Andreas und Ulrike Weber. Um Nachteile so weit wie möglich auszugleichen, sei eine angemessene Gestaltung des Arbeitsplatzes wichtig. Die Forscher vom Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft der Universität Halle-Wittenberg und der Forschungsstelle zur Rehabilitation von Menschen mit kommunikativer Behinderung haben untersucht, inwieweit die entsprechenden rechtlichen Vorgaben tatsächlich umgesetzt werden. Ihren Ergebnissen zufolge ist noch viel zu tun.

Für ihre Studie haben die Experten eine Befragung von Berufstätigen ausgewertet, die entweder schwerhörig, ertaubt oder gehörlos sind. Dabei haben sie sich auf die Angaben älterer Personen zwischen 50 und 65 konzentriert, von denen 661 befragt wurden. Laut Sozialgesetzbuch haben Arbeitnehmer mit einer Schwerbehinderung Anspruch auf eine behindertengerechte Gestaltung von Arbeitsplatz, Arbeitsumfeld, Arbeitsorganisation und Arbeitszeit. Die Kosten übernehmen in der Regel die zuständigen Behörden oder Rehabilitationsträger.

Ihren Arbeitsplatz insgesamt beurteilen lediglich 29,6 Prozent der Befragten als hörgeschädigtengerecht. Dass er mit allen erforderlichen technischen Hilfsmitteln ausgestattet ist, bejahen 28,4 Prozent. Gut ein Fünftel hält die Arbeitszeit für behindertengerecht, bei Arbeitsorganisation und Arbeitsumfeld sind es jeweils 15,7 Prozent. Von bevorzugter Behandlung bei der Weiterbildung – wie es der Gesetzgeber vorsieht – berichten 13,3 Prozent. Zwar sind über 86 Prozent mit den Lichtverhältnissen zufrieden, lediglich ein Drittel profitiert jedoch von Maßnahmen zur Lärmminderung. Ähnlich sieht es bei den technischen Arbeitshilfen aus: Fax, Internet und Mobiltelefone für SMS-Kommunikation stehen der überwiegenden Mehrheit zur Verfügung. Ein spezielles Telefon für Hörgeschädigte gibt es dagegen nur für 40,1 Prozent derjenigen, die ein solches Gerät benötigen würden. Ein Zusatzmikrofon erhalten nur 13,6 Prozent. Alles in allem seien die gesetzlich vorgesehenen Maßnahmen bislang in eher geringem Maße umgesetzt, resümieren die Autoren. Auch angesichts des wachsenden Anteils älterer Arbeitnehmer seien zusätzliche Anstrengungen dringend geboten.

  • Laut einer Befragung von 661 hörgeschädigten Beschäftigten lässt die Ausstattung mit technischen Hilfsmitteln am Arbeitsplatz oft zu wünschen übrig. Zur Grafik

Andreas Weber, Ulrike Weber: Älter, hörbeeinträchtigt und… erwerbstätig!, in: Journal of Labour Market Research (online)

Impuls-Beitrag als PDF

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen