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Magazin Mitbestimmung

Mein Arbeitsplatz: Big in Japan

Ausgabe 04/2015

Tatsuhiro Mizutani, 39, betreibt im Düsseldorfer Bahnhofsviertel den „Manga-Hof“, das erste Manga-Café Deutschlands.

Düsseldorf, Oststraße 137 „Mangas sind eine eigene Welt. Kennen Sie ‚Detektiv Conan‘? Die Hauptfigur der Serie ist ein Schüler und Hobbydetektiv, der sich mit 17 Jahren schon mächtige Feinde gemacht hat. Er wird Opfer eines Mordanschlages, der auf bizarre Weise misslingt. Das Gift, das ihn töten soll, verjüngt ihn lediglich um zehn Jahre. Von allen vermisst, setzt er seine Ermittlungen als unscheinbarer, sieben Jahre alter Grundschüler fort. Andere Mangas erzählen Geschichten über Sport, historische Themen, über Mädchen – oder Monster, die bekämpft werden müssen. Rund 11 000 Titel habe ich im Laden, darunter 700 auf Deutsch. Bei mir kann man aber nur lesen, nicht kaufen. Dazu serviere ich Miso-Suppen, Currys, Kaffee und Limonaden. 

In Tokio habe ich Literaturwissenschaft studiert, aber nach dem Examen keine Arbeit in meinem Fach gefunden. Ich schlug mich als Autoverkäufer durch, bis ich vor acht Jahren etwas Neues wagte und Japan den Rücken kehrte. Ich arbeitete bis 2011 in Heidelberg als Koch, bis ich 2011 nach Düsseldorf umzog, wo viele Japaner leben. Drei Jahre stand ich im Hotel Nikko an der Bar. Im Sommer 2014 habe ich mir dann einen großen Wunsch erfüllt und das Manga-Café in der Innenstadt eröffnet. In meiner Heimat gibt es viele solcher Cafés, die man ‚Manga Kissa‘ nennt. 

 Man zahlt nicht für die einzelnen Titel, sondern für die Zeit, die man bleibt. Für fünf Euro kann man eine Stunde lesen. Für sechs Euro gibt es einen Privatplatz mit Internetzugang und Sitzkissen. Das Maximum ist ein Zwölf-Stunden-Aufenthalt für 25 Euro oder 35 Euro am Privatplatz. Mitarbeiter habe ich keine. Die ganze Woche stehe ich von zwölf Uhr bis Mitternacht in meinem Geschäft. Meine Freunde müssen mich im Geschäft besuchen. Lange Schichten bin ich von früheren Jobs gewohnt. In der Stadt haben wir eine japanische Community von 8000 Köpfen, aber ich möchte, dass auch viele Deutsche kommen. Wenn Sie mein Café besuchen, denken Sie daran: Mangas liest man immer von hinten nach vorn. Das gilt auch für die deutschen Übersetzungen.“

Text: Ingo Zander

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