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Magazin Mitbestimmung

Zur Sache: Beteiligung nur als Bonus

Ausgabe 03/2015

„Eine Kapitalbeteilung muss freiwillig und mitbestimmt sein und stets als On-Top-Leistung zu den Tariflöhnen verstanden werden“, sagt Marion Weckes aus der Mitbestimmungsförderung.

Was passiert, wenn Mitarbeiter am Kapital beteiligt werden? Tragen sie zur Nachhaltigkeit des Unternehmens bei, oder gehen sie nur ein unkalkulierbares Risiko ein? Fakt ist, sie werden entweder (Mit-)Eigentümer oder Fremdkapitalgeber, was ihre weiteren Informations- und Mitwirkungsrechte determiniert. Die können so weit gehen, dass die Mitarbeiter zum Ankeraktionär eines Unternehmens mit fast 13 Prozent des Aktienbesitzes werden, wie bei der österreichischen voestalpine AG, wo die Mitarbeiter ihre Stimmrechte gebündelt über eine Stiftung ausüben. Hier entfaltet die Beteiligung eine stabilisierende Wirkung auf das gesamte Unternehmen, denn die Stimme der Belegschaftsaktionäre hat Gewicht, weil sie mit über zehn Prozent der Anteile (in Österreich) von keinem Großinvestor als Minderheitsaktionär ausgeschlossen werden können. 

Dennoch ist die Konstellation bei diesem Technologie- und Industriegüterkonzern bisher einmalig. Andere Unternehmen mit einem Aktienprogramm für Mitarbeiter, wie die Bilfinger SE oder die Siemens AG, haben nicht mehr als ein Prozent ihrer Aktien in Mitarbeiterhand – und dies trotz eines Belegschaftsaktionärsvereins. Der Unterschied liegt in der Firmenphilosophie, verbunden mit einer außergewöhnlichen Regelung der Tarifvertragsparteien: Die Beteiligung ist für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses an eine automatische Übertragung der Stimmrechte an eine Privatstiftung geknüpft. Dies regelt eine konzernweite Betriebsvereinbarung. Zudem wurde seit dem Jahr 2000 neunmal ein Teil der Lohnerhöhung, ergänzt um Arbeitgeberanteile, für den Aufbau der Mitarbeiterbeteiligung verwendet. Die Beschäftigten erhielten im Rahmen jährlicher Erfolgsprämien ebenfalls Aktienzuteilungen.

Auch ist die Steuergesetzgebung in Österreich attraktiver: Eine Kapitalbeteiligung ist bis zu 1460 Euro jährlich steuer- und sozialabgabenfrei, in Deutschland dagegen nur bis zu 360 Euro. 

Eine Beteiligung der Mitarbeiter am Kapital ist für Unternehmen interessant, weil sie die Motivation der Mitarbeiter und deren Bindung fördert und sich positiv auf einen oberen Platz im Ranking als guter Arbeitgeber auswirkt. Aktiengesellschaften nutzen die Kapitalbeteiligung jedoch nicht zur Bildung einer an Nachhaltigkeit orientierten Aktionärsgruppe. Ausnahmen finden sich eher bei kleinen und mittelständischen Unternehmen wie im Fall der Grünbeck Wasseraufbereitung GmbH in Höchstädt. Sie nutzt bereits seit den 1960er Jahren die Beteiligung strategisch, um eine Unternehmensübergabe an die Belegschaft zu realisieren. 

Doch ein Beteiligungsprogramm ist mit einigen Einführungskosten verbunden. Vor allem wenn eine konzernweite und länderübergreifende Einführung angestrebt wird oder das Unternehmen nur eine sehr geringe Belegschaftsgröße hat. Das spiegeln auch die Zahlen wider: Gerade einmal ein Prozent aller deutschen Unternehmen bietet laut IAB-Betriebspanel von 2009 eine Kapitalbeteiligung an. 

Derzeit wird wieder der Ruf nach höherer steuerlicher Förderung laut. Würde dies tatsächlich zu einer massiven Ausweitung der Kapitalbeteiligung über alle Rechtsformen und Unternehmensgrößen hinweg führen, wäre das angesichts steigender Unternehmensgewinne bestimmt auch verteilungspolitisch sinnvoll. Es muss jedoch bedacht werden, dass es sich bei der staatlichen Förderung einer Kapitalbeteiligung um eine Subvention handelt, in deren Genuss derzeit relativ wenige und vornehmlich Mitarbeiter in Aktiengesellschaften kommen. Damit auch der Mittelstand vermehrt solche Programme auflegt, wäre es sinnvoll, die Unternehmen könnten auf vorgefertigte Modelle zurückgreifen, die eine juristische und steuerliche Beratung fast obsolet machen. Denn gerade die Beraterhonorare sind ein großer Kostenfaktor. Nicht zuletzt müsste eine Werbekampagne alle Unternehmen von der Möglichkeit einer Beteiligung informieren. Gefordert sind hier der Gesetzgeber und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Aber auch eine gemeinsame Aktion der Interessenverbände, wie Gewerkschaften, Verband der Industrie und der mittelständischen Wirtschaft, sowie der Handelskammern ist geeignet, auf die Vorteile und Herausforderungen aufmerksam zu machen.

Unabdingbare Voraussetzung ist, dass eine Kapitalbeteiligung freiwillig und unter Hinzuziehung der Arbeitnehmervertreter ausgestaltet sowie stets als eine On-Top-Leistung zu den Tariflöhnen verstanden wird. Denn nur damit kann das doppelte Risiko (Vermögens- und Arbeitsplatzverlust) für Beschäftigte minimiert und im Idealfall ein nachhaltiges Unternehmen gefördert werden. 

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