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Magazin Mitbestimmung

Rätselhaftes Fundstück: Revolutionär zu Gast

Ausgabe 12/2014

Seit September 1900 lebt ein russischer Exulant in München und bildet sich in der Bayerischen Staatsbibliothek weiter. Er wechselt die Namen, um sich vor der Geheimpolizei zu verstecken. Am Ende landet er bei Lenin.

Ein weit gereister Gast trägt sich am 25. Mai 1901 in das Benutzerbuch des „Journalsaales“ der Bayerischen Staatsbibliothek in München ein. Der Eintrag lautet: Jourdan V. Jourdanoff. Der Name ist allerdings ein Pseudonym. Tatsächlich heißt der Leser Wladimir Iljitsch Uljanow. Seit September 1900 lebt der spätere russische Revolutionsführer in München als Exilant. In Russland überwacht die zaristische Geheimpolizei Ochrana jeden seiner Schritte. Daher will er von Bayern aus die Revolution vorantreiben. Er kann auf die Unterstützung zahlreicher deutscher Sozialdemokraten zählen. 

„Iskra“, der Funke, heißt die Zeitung, mit der der Berufsrevolutionär alle Strömungen der russischen Arbeiterbewegung vereinen will. Im Dezember 1900 geht die erste Ausgabe in Leipzig in den Druck, die Ausgaben werden in Koffern mit doppeltem Boden ins Zarenreich geschmuggelt. Lenin selbst findet zunächst Unterkunft beim sozialdemokratischen Gastwirt Georg Rittmeyer im Münchner Stadtteil Schwabing. Als Lenins Frau Nadeschda Krupskaja im Frühjahr 1901 ebenfalls in der bayerischen Hauptstadt ankommt, wird das Zimmer zu klein. Das Paar zieht in eine eigene Wohnung. Zusammen gehen die Uljanows in die Oper oder spazieren an der Isar. Vor allem arbeitet Lenin aber an seinem programmatischen Werk „Was tun?“. Dafür liest und schreibt er in den Räumen der Bayerischen Staatsbibliothek. 

1902 erscheint das Buch, in dem er von der Notwendigkeit einer „Avantgarde des Proletariats“ zur Herbeiführung der Revolution spricht. Selbstredend zählt er sich selbst dazu. Um seine Verfolger von der russischen Geheimpolizei zu täuschen, verwendet Uljanow erstmals den Namen, unter dem er berühmt werden sollte: Lenin. Seine Münchner Zeit neigt sich nach der Veröffentlichung allerdings rasch dem Ende zu. Die bayerische Polizei zeigt immer mehr Interesse an Lenins Aktivitäten. Im April 1902 verlässt das Ehepaar Bayern in Richtung London. Die Revolution lässt noch lange Zeit auf sich warten – aber sie kommt.

Marc von Lüpke

RÄTSELFRAGEN

- Wie hieß die Ortschaft, in die der Berufsrevolutionär Lenin von 1897 bis 1900 verbannt war?

- Welche 1896 gegründete satirische Wochenzeitschrift hatte ihren Sitz in Schwabing? 

- An welchem Marinestützpunkt erhoben sich 1921 russische Matrosen gegen die Diktatur der Kommunistischen Partei und forderten ein Ende des von Lenin entfachten Roten Terrors?

Alle richtigen Einsendungen, die bis zum 23. Januar 2015 bei uns eingehen, nehmen an einer Auslosung teil.

PREISE

1. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 50 Euro, 2.–4. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 30 Euro

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AUFLÖSUNG DER RÄTSELFRAGEN 11/2014

Albert Vietor – 2006 – Ernst May

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