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HBS Böckler Impuls

Mitbestimmung: Starker Betriebsrat macht produktiv

Ausgabe 20/2014

Laut einer niederländischen Studie können Betriebsräte Firmen effizienter und innovativer machen. Damit das funktioniert, muss die Arbeitnehmervertretung breite Akzeptanz genießen – und sich durchsetzen können.

Dass Mitbestimmung auch ein Wettbewerbsvorteil sein kann, ist bekannt: Diverse Untersuchungen seien zu dem Ergebnis gekommen, dass Firmen mit Betriebsräten produktiver und profitabler sind, stellen Jan Ekke Wigboldus, Yolanda Grift, Annette van den Berg und Jan Kees Looise fest. Wie genau Arbeitnehmervertretungen zum wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen beitragen und welche Bedingungen erfüllt sein müssen, sei allerdings zum Teil noch unklar. Die Wirtschaftswissenschaftler von den Universitäten Twente und Utrecht haben versucht, mit einer Studie über Betriebsräte in den Niederlanden mehr Licht in diese Zusammenhänge zu bringen. Nach ihrer Einschätzung sind die Mitbestimmungsrechte dort ähnlich stark ausgeprägt wie in Deutschland. Der Analyse zufolge beruht der positive Einfluss von Betriebsräten darauf, dass sie den Informationsfluss zwischen Belegschaft und Management verbessern, Vertrauen schaffen und Fehlentscheidungen korrigieren. Eine wichtige Voraussetzung: Bei Betriebsratswahlen müssen ausreichend Kandidaten zur Verfügung stehen.

Die Forscher stützen sich bei ihren theoretischen Annahmen auf Ergebnisse von Fallstudien zum Einfluss von Betriebsräten auf betriebliche Entscheidungsprozesse. Daraus leiten sie die Vermutung ab, dass Arbeitnehmervertreter den Unternehmenserfolg vor allem über drei „Kanäle“ beeinflussen. Zum einen seien sie aufgrund ihrer Nähe zum Produktionsgeschehen in der Lage, wichtige Informationen weiterzugeben und Lösungen für Probleme zu entwickeln. Indem sie in Verhandlungen mit dem Management auf eine faire Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen achten, trügen sie außerdem dazu bei, das Vertrauen der Belegschaft in die Pläne der Unternehmensleitung zu stärken. Das erleichtere die Umsetzung von organisatorischen Veränderungen. Schließlich könnten Betriebsräte über ihren Einfluss auf das Governance-System bisweilen opportunistische Entscheidungen des Managements verhindern. Die Fallstudien deuten nach Ansicht der Autoren allerdings auch darauf hin, dass diese Mechanismen nur unter bestimmten Bedingungen wirksam sind. Notwendig sei unter anderem, dass Beschäftigte und Management dem Betriebsrat Legitimität zuschreiben. Zudem müsse dieses Gremium eine gewisse Machtfülle aufweisen.

Für die statistische Überprüfung ihrer Hypothesen konnten die Wissenschaftler auf die Ergebnisse einer Befragung von niederländischen Unternehmen zurückgreifen. Ausgewertet wurden Angaben von 363 Managern und 332 Betriebsratsmitgliedern. Regressionsanalysen zeigen, dass der ökonomische Erfolg wie erwartet über die theoretisch identifizierten Kanäle beeinflusst wird: Indem Betriebsräte Vorschläge machen und die Kommunikation zwischen Belegschaft und Management verbessern, tragen sie zu mehr Innovationen bei. Dass sie die Akzeptanz von Managemententscheidungen erhöhen, wirkt sich positiv auf die Effizienz und die wirtschaftliche Lage der Unternehmen aus. Und wenn Betriebsräte auf Entscheidungen Einfluss nehmen können, führt das ebenfalls zu mehr Effizienz und Innovationen. Legitimität scheint dabei in der Tat eine wichtige Rolle zu spielen: Wenn das Management den Betriebsrat als konstruktiven Partner wahrnimmt und wenn es ausreichend Kandidaten bei Betriebsratswahlen gibt, wirkt sich das sowohl direkt als auch über die verschiedenen Kanäle positiv aus.

Dafür, dass die Verfügbarkeit von Kandidaten sich als besonders einflussreicher Faktor erweist, haben die Forscher mehrere Erklärungen. Wenn viele Beschäftigte kandidieren, zeige das zum einen, dass die Institution Betriebsrat wirklich präsent ist im Unternehmen und dass die Kommunikation zwischen Arbeitnehmervertretung und Belegschaft funktioniert. Je mehr Bewerber antreten, desto größer sei zum anderen die Wahrscheinlichkeit, dass sich besonders geeignete Vertreter durchsetzen. Zudem werde die Verhandlungsposition gegenüber dem Management – und damit die Macht des Betriebsrats – gestärkt.

  • In den Niederlanden sind Unternehmen mit mindestens 50 Beschäftigten verpflichtet, einen Betriebsrat einzusetzen. Die meisten von ihnen erfüllen diese Pflicht. Zur Grafik

Jan Ekke Wigboldus, Yolanda Grift, Annette van den Berg, Jan Kees Looise: The economic effects of works councils: channels and conditions. Using secondary data to test a new theoretical model, in: Economic and Industrial Democracy (online)

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