zurück
Bärbel Mauch Magazin Mitbestimmung

Altstipendiatin: Die Gewerkschafterin

Ausgabe 09/2014

Schon als Kind hat Bärbel Mauch Transparente zur Demo getragen. Heute arbeitet sie beim DGB Stuttgart zu Gleichstellung und Migration. Von Marike Schnarr

Nur selten hat Bärbel Mauch eine Kundgebung zum 1. Mai verpasst. Zum Beispiel wegen einer Theaterprobe, die ihr wichtiger war. „Ich bin ein echtes Arbeiterkind“, sagt sie. Die Erinnerungen an ihre Kindheit sind einschlägig. Da ist ihr Vater, Betriebsrat und Vertrauensmann in einer Maschinenfabrik, der sie und die Geschwister zu Veranstaltungen der Gewerkschaft mitnimmt oder den Koffer packt, um für ein paar Tage eine Bildungsstätte der IG Metall zu besuchen. „Mit so was bin ich groß geworden“, sagt Mauch, „ich habe von Kind an mitbekommen, dass man sich politisch engagiert.“ Dass sie jetzt beim DGB arbeitet, scheint da fast zwangsläufig. Nach der Schule brachte sie ihr Interesse für verschiedene Kulturen dazu, Ethnologie und Politik zu studieren – mit einem Stipendium der Hans-Böckler-Stiftung. „Ich bin damals super unterstützt worden“, sagt sie. „Die Stiftung hat mir geholfen, dort anzukommen, wo ich heute bin: in einem Beruf, wo ich Überzeugungen weitergeben kann, zu denen ich auch wirklich stehe.“ Heute leitet sie im DGB-Bezirk Baden-Württemberg die Abteilung, die für Frauen- und Gleichstellungspolitik sowie für Migrations- und Integrationspolitik zuständig ist. Diese Doppelzuständigkeit ist fast ein Generalmandat, sich einzumischen. Mauch sagt: „Egal ob es um Arbeitspolitik geht, Berufsbildung, den öffentlichen Dienst, Gesundheit oder Soziales – ich werfe auf jedes Fachgebiet meinen Frauen- und meinen Migrationsblick.“

Ihr Büro mitten in der Stuttgarter Innenstadt ist auf das Wesentliche beschränkt: Ein großer, aufgeräumter Schreibtisch nimmt fast die Hälfte des Zimmers ein. An den Wänden stehen Regale, in denen sich Flyer von Veranstaltungen und Aktionen stapeln. Und ein kleiner Tisch, an dem sich die Gewerkschaftssekretärin mit Kollegen zusammensetzt. Das Thema, das sie besonders umtreibt, sind die Minijobs. Diese steuer- und abgabenrechtliche Privilegierung, die einst Hausfrauen einen unkomplizierten Nebenjob ermöglichen sollte, hat längst ihre Schattenseiten offenbart. „Sie fördern prekäre Arbeitsmodelle und eine traditionelle Arbeitsteilung, bei der der Ehemann der Hauptverdiener ist.“ 

Mauchs Haltung zu den Minijobs ist klar: Sie fordert eine Versicherungspflicht ab dem ersten Euro. Sonst rät sie eher vom Job ab. Das ist nicht immer leicht. „Viele Frauen sehen im Minijob erst einmal eine gute Möglichkeit, ein paar Stunden zu arbeiten, zum Beispiel nach einer Kinderpause“, sagt sie. „Ich sehe mich aber in der Pflicht, sie auf die Gefahren hinzuweisen.“ Viele Frauen möchten später einmal wieder länger arbeiten. Aber das funktioniert dann oft nicht. Besser als Minijobs zu fördern, sei es doch, sich für vernünftige Schwangerschafts- und Elternzeitregeln einzusetzen: „Hier haben wir bei den Unternehmen noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.“ Die DGB-Frau wirbt dafür, dass Frauen in Elternzeit durch Paten über die Entwicklung am Arbeitsplatz auf dem Laufenden gehalten werden; auch Führungspositionen in Teilzeit – vielerorts noch ein Tabu – hält sie für machbar: „Eine Doppelspitze wird ja oft als unmöglich angesehen, dabei gibt es auch Beispiele, wo so etwas wunderbar funktioniert.“

In Arbeitsgruppen, in denen die Gewerkschafterin gemeinsam mit Vertretern des Ministeriums, des Arbeitgeberverbandes und der Agentur für Arbeit sitzt, setzt sie sich immer wieder dafür ein, Vorurteile abzubauen und Ungleichheit zu beseitigen. Sie hat gelernt, dass solche Gremienarbeit wichtig ist. Doch zuweilen kann sie auch ziemlich bürokratisch sein. „Es reicht nicht eine Vorschrift oder das Gesetz zu ändern, die Menschen müssen auch den Sinn dahinter verstehen“, weiß Mauch und wünscht dann wieder den Kontakt zur Bevölkerung, um einfach mal zu hören, was die Leute bewegt“. 

Das kann sie dann auch, wenn in Schwenningen eine Mahnwache veranstaltet wird, weil drei Bosniern der Lohn vorenthalten wird. Da ist die Aktivistin da. Die Liste ihrer Ämter ist entsprechend lang: Elternvertreterin, Vorstandsmitglied des Naturtheaters Reutlingen – und ehrenamtliche Helferin bei den Kundgebungen am 1. Mai. Seit Anfang des Jahres engagiert sich Bärbel Mauch bei ihrem Arbeitgeber DGB auch im Betriebsrat: „Wenn man in der Gewerkschaft ist, hat man einfach ein Bewusstsein dafür, seine Interessen zu vertreten. Das gilt auch im eigenen Haus.“ 

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen