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Magazin Mitbestimmung

Mein Arbeitsplatz: Der Gärtner von Khorog

Ausgabe 05/2014

Pulod Schonazarov, 64, ist Forstwirt und arbeitet im botanischen Garten von Khorog in Tadschikistan. Khorog ist die Hauptstadt der autonomen Provinz Berg-Badachschan.

Khorog, Ul. Kholdorov1 „Zur Stalin-Zeit, 1940, wurde hier, im Hochgebirge des Pamir, ein botanischer Garten angelegt, um Nutzpflanzen an das raue Klima zu gewöhnen. Mein halbes Leben habe ich hier verbracht – und die Arbeit hat sich seitdem kaum verändert. Von 8 bis 17 Uhr kümmere ich mich um die Pflanzen. Ich bin für die Saatgutvermehrung zuständig und muss die Pflanzen über den Winter bringen. Auch Obstbäume werden hier vermehrt. Immer zur Mittagszeit mache ich mit den Kollegen eine Teepause. Wir essen, was wir mitgebracht haben. Der Garten ist einer der höchsten der Welt. Er liegt 2320 Meter über dem Meer. Die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt hier oben nur 8 Grad Celsius. Die kurzen Sommer sind eine Herausforderung für uns alle.

Als ich am polytechnischen Institut in Duschanbe fertig studiert hatte, bekam ich sofort eine Arbeit. Das war vor 34 Jahren, als unser Land Teil der Sowjetunion war. Auf einer alten Wandkarte in meinem Zimmer kann man sehen, wie groß dieses Imperium war. Jetzt stehe ich kurz vor dem Ruhestand. Während ich Blumensamen an Besucher verkaufe, um mein Gehalt aufzubessern, verdient mein Sohn sein Geld mit dem Verkauf von Mobiltelefonen. Von meinen zwei Töchtern studiert eine in London englische Philologie, die andere ist in Khorog geblieben. Ich wünsche, dass meine Kinder einmal ein komfortableres Leben führen können als ich. Denn das Leben ist bei uns verdammt hart. 

Offiziell tauschen wir Saatgut mit botanischen Gärten in aller Welt aus: mit Weißrussland, Russland, den Kaukasusrepubliken, China, den USA oder Europa. Das ist ein Hauch von der großen, weiten Welt. Aber für die Unabhängigkeit bezahlen wir einen hohen Preis. Es ist kaum Geld da, um die Infrastruktur zu erhalten. Trotzdem bin ich froh, dass wir eigenständig leben, so wie andere Völker auch. Um mein Zimmer etwas gemütlicher zu machen, hänge ich Bilder aus Illustrierten auf: exotische Vögel, eine hübsche Schauspielerin oder ein Foto des Tschetschenenführers Kadyrow, den ich bewundere. Von Politik verstehe ich nicht viel. Aber das ist ein starker Mann. So etwas imponiert mir.“

Textdokumentation: Kay Meiners

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