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HBS Böckler Impuls

Hartz IV: Jeder Zweite unter 25 schafft Ausstieg

Ausgabe 02/2014

Einmal Hartz IV, immer Hartz IV? Wenigstens für junge Menschen gilt das nicht. Dennoch gelingt vielen Schulabgängern in den ersten Jahren keine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt.

Rund 700.000 15- bis 25-Jährige sind auf Arbeitslosengeld II (ALG II) angewiesen. Diese Zahl allein sagt aber wenig über die soziale Lage junger Menschen. Dahinter können sich ganz unterschiedliche Phänomene verbergen: Denkbar ist, dass viele Jugendliche ein paar Wochen Wartezeit zwischen Schule und Ausbildung oder Ausbildung und Festanstellung mit Hartz-IV-Leistungen überbrücken. Es kann allerdings auch sein, dass es sich um eine Gruppe handelt, die am Arbeitsmarkt chancenlos ist und bald nach Ende der Schulpflicht eine „Sozialhilfe-Karriere“ beginnt. Um Licht ins Dunkel zu bringen, hat Brigitte Schels, Wissenschaftlerin am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, die Lebensläufe junger ALG-II-Empfänger untersucht. Ihre Ergebnisse beruhen auf der Beobachtung von 674 Personen und decken den Zeitraum von Januar 2005 bis Dezember 2010 ab. Daraus ergeben sich sieben typische Verlaufsmuster. Sortiert nach der Häufigkeit:

Rasche Erwerbsintegration. In dieser Gruppe zieht sich die Hartz-IV-Periode im Schnitt über 17 Monate. Dennoch handelt es sich dabei nur um Orientierungs- oder Überbrückungsphasen junger Leute mit mittlerem oder höherem Schulabschluss. Nach drei bis vier Jahren haben fast alle einen Vollzeitjob.

Fehlende Arbeitsmarktintegration. Die zweitgrößte Gruppe stellen aber bereits junge Erwachsene, denen der Sprung in den Arbeitsmarkt nicht gelingt. Sie kommen allenfalls vorübergehend ohne Grundsicherung aus. Phasen mit Minijob sind häufiger als Vollzeitbeschäftigung. Keine oder geringe Schulabschlüsse und fehlende Berufsausbildung sind die Regel. Relativ häufig kommen diese Jugendlichen aus einem Elternhaus mit eher geringem Bildungsstand, oft leben sie in einem Haushalt mit Kindern.

Rascher Abgang in geringfügige Beschäftigung. Die Betroffenen gingen zu Beginn der Beobachtungen in vielen Fällen noch zur Schule, um Abitur zu machen. Daran schließen sich aber weder Ausbildung noch Studium an, sondern ALG-II-Bezug und später Minijobs. Meist leben sie noch bei den Eltern. Frauen und Migranten sind überdurchschnittlich häufig vertreten.

Verzögerte Erwerbsintegration. Diese Jugendlichen haben einen Berufs-, aber meist keinen höheren Schulabschluss. Sie stammen größtenteils aus Nicht-Akademiker-Familien. Die Abhängigkeit von Hartz-IV-Leistungen dauert vergleichsweise lange an – aber am Ende des Untersuchungszeitraums hatte die überwiegende Mehrheit eine Vollzeitstelle.

Nicht-Erwerbstätigkeit. Nicht beschäftigt, nicht in Ausbildung, aber auch nicht arbeitslos gemeldet. Hier handelt es sich vor allem um junge Mütter, oft in Ostdeutschland.

Betriebliche Ausbildung. Ebenfalls eine relevante Zahl von Jugendlichen bekommt ALG II, weil die Ausbildungsvergütung nicht zum Lebensunterhalt reicht und sie in einkommensschwachen Haushalten leben.

Erwerbsintegration im Leistungsbezug. In der letzten Gruppe finden sich schließlich junge Aufstocker, die arbeiten und gleichzeitig Grundsicherung beziehen. Sie verfügen oft über einen Haupt- oder Realschulabschluss und haben eine Berufsausbildung absolviert.

Angesichts der unterschiedlichen Erwerbsverläufe könne die Hypothese „einmal im Bezug – immer im Bezug“ verworfen werden, urteilt Schels. Trotzdem zeigten die Daten, wo Handlungsbedarf bestehe. So bräuchten viele Jugendliche stärkere Unterstützung dabei, „vollqualifizierende Berufsbildungsabschlüsse nachzuholen“.

  • Ein schneller Ausstieg aus dem Arbeitslosengeld II gelingt gelingt nur einem Teil der betroffenen Jugendlichen. Zur Grafik

Brigitte Schels: Zwischen Überbrückung und Verstetigung: Leistungsbezugs- und Erwerbssequenzen junger Arbeitslosengeld-II-Empfänger, in: WSI-Mitteilungen 8/2013.

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