Vor 60 Jahren, am 15. September 1954, erschien der „Monats-Bericht Nr. 1 über Tariflohn- und -gehaltsbewegungen im Bundesgebiet und Westberlin“. Erstellt wurde er vom Tarifarchiv des Wirtschaftswissenschaftlichen Instituts der Gewerkschaften (WWI), dem heutigen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut in der Hans-Böckler-Stiftung (WSI). Auch heute bildet der „Tarifpoltische Monatsbericht“ des WSI-Tarifarchivs eine zentrale Informationsquelle zum Tarifgeschehen in Deutschland. „Keine andere Institution verfügt über eine solche Tradition in der Beobachtung und Analyse der Tarifpolitik“ stellt der langjährige Leiter des WSI-Tarifarchivs, Dr. Reinhard Bispinck, fest.
Aus Anlass dieses Jahrestages hat das WSI-Tarifarchiv den kompletten verfügbaren Bestand der Tarifpolitischen Monatsberichte seit 1954 digitalisiert. Er steht ab sofort online zur Verfügung und kann mit einer Volltextsuche beliebig nach Branchen und Tarifbereichen oder anderen Stichworten durchsucht werden. Geordnet nach Wirtschaftszweigen und Tarifbereichen, informierte der Tarifbericht von Anfang an über Kündigungen von Tarifverträgen, Forderungen und Abschlüsse der Tarifparteien. Zunächst ging es ausschließlich um die Lohn- und Gehaltsbewegungen, schrittweise wurden dann auch andere tarifliche Regelungsbereiche in die Berichterstattung aufgenommen.
Die Bestände sind leider nicht ganz vollständig. Zum Teil sind einzelne Berichte nicht mehr vorhanden, zudem fehlen die drei Jahrgänge 1962, 1963 und 1976. Insgesamt umfasst der vorhandene Bestand 15.745 Seiten. Was anfangs in wenigen vervielfältigten Exemplaren an die Gewerkschaften verschickt wurde, steht heute im Internet allen Interessierten online zur Verfügung. Bereits in den 1950er Jahren veröffentlichte das WWI-Tarifarchiv zusammenfassende Quartalsberichte in den WWI-Mitteilungen. Daraus sind im Laufe der Zeit Halbjahres- und Jahresberichte geworden, die detaillierte Analysen des gesamten tarifpolitischen Geschehens und umfangreiches tarifstatistisches Material enthalten.
Insgesamt hat sich das Informationsangebot des WSI-Tarifarchivs erheblich verbreitert. Neben den Monats-, Halbjahres- und Jahresberichten erscheinen in unregelmäßigen Abständen „Elemente qualitativer Tarifpolitik“. In den jüngsten Ausgaben wurden u. a. folgende Themen behandelt: Niedriglohn-Monitoring, Arbeitszeitflexibilisierung, Ausbildungsförderung, Kurzarbeit, Beschäftigungssicherung. Seit Anfang der 1990er Jahre erscheint jährlich das Statistische Taschenbuch zur Tarifpolitik u. a. mit den wichtigsten Tarifdaten aus mittlerweile rund 50 Wirtschaftszweigen in West und Ost.
Regelmäßig veröffentlicht das WSI-Tarifarchiv auch einen europäischen Tarifbericht.
Mit rund 1.200 Seiten ist das Informationsangebot des WSI-Tarifarchivs im Internet nach Einschätzung von Bispinck das umfangreichste seiner Art. Unter der Internet-Adresse http://www.tarifvertrag.de bietet es u. a. eine tagesaktuelle Tarifchronik, eine Datenbank mit den wichtigsten Tarifabschlüssen der letzten 20 Jahre, ein tarifpolitisches Glossar mit rund 150 Fachbegriffen, eine Übersicht über die wichtigsten Arbeitskämpfe seit den 1950er Jahren und vieles mehr
Weitere Informationen:
Das Archiv der Monatsberichte
Die PM mit tabellarischer Tarifchronik und Abbildungen (pdf)
Kontakt:
Dr. Reinhard Bispinck
Leiter WSI
Rainer Jung
Leiter Pressestelle