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HBS Böckler Impuls

Working Poor: Frauen im Job brauchen häufiger Hartz IV

Ausgabe 11/2013

Mehr Frauen als Männer müssen aufstocken, um über die Runden zu kommen. Das dokumentieren neue Auswertungen des WSI GenderDatenPortals.

Insgesamt bezogen Anfang 2012 mehr als 1,3 Millionen Erwerbstätige zusätzlich zu ihrem Gehalt Arbeitslosengeld II – 608.000 Männer und 722.000 Frauen. Das waren zwar geringfügig weniger als 2011. Doch im längerfristigen Vergleich, gegenüber 2007, hat sich die Zahl der Aufstockerinnen um 26 Prozent erhöht. Bei den Männern betrug der Zuwachs 17 Prozent, zeigen die Analysen, die Alexandra Wagner und Peter Sopp vom Berliner Forschungsinstitut FIA für das WSI durchgeführt haben. „Die stark gestiegenen Erwerbstätigkeitsquoten von Frauen sind nur zum Teil eine Erfolgsgeschichte. Viel zu viele Frauen und Männer können von ihrem Einkommen nicht leben und müssen aufstockende Transferleistungen beziehen“, sagt WSI-Forscherin Christina Klenner. Im Januar 2007 hatte rund jede fünfte Leistungsempfängerin einen Job, fünf Jahre später fast jede dritte. Unter den männlichen Hartz-IV-Beziehern nahm der Anteil der Erwerbstätigen im gleichen Zeitraum zwar auch zu, aber weniger stark als bei den Frauen.

Dass Frauen häufiger aufstocken müssen als Männer, dürfte nach Klenners Einschätzung zum einen mit der Ausbreitung des Niedriglohnlohnsektors zusammenhängen, von der weibliche Beschäftigte besonders betroffen sind. So sei der Frauenanteil unter Minijobbern besonders hoch. Zum anderen dürften die Zahlen widerspiegeln, dass die meisten Alleinerziehenden weiblich sind. Alleinerziehende seien im Vergleich zu Singles bei gleichem Erwerbseinkommen häufiger auf Transferleistungen angewiesen, da sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Kinder versorgen müssen. Alleinlebende wiederum müssen laut der Statistik des GenderDatenPortals häufiger aufstocken als Menschen mit Partner. Generell seien Haushalte weniger häufig betroffen, wenn zwei Erwachsene gemeinsam wirtschaften, die sich gegenseitig absichern können – und das nach den Hartz-IV-Regeln auch müssen.

In Ostdeutschland ist die Kombination von Arbeitslosengeld II und Erwerbstätigkeit häufiger als im Westen. In den neuen Bundesländern waren im Januar 2012 mit 34 Prozent mehr als ein Drittel der Hartz-IV-Empfängerinnen erwerbstätig. In Westdeutschland war dieser Anteil mit 30 Prozent etwas niedriger. Bei den Männern lagen die Quoten der Aufstocker bei 31 Prozent in Ostdeutschland und 27 Prozent in Westdeutschland. Die höheren Anteile der erwerbstätigen Hartz-IV-Empfänger im Osten lassen sich laut Klenner unter anderem auf die tendenziell schlechteren Einkommenschancen zurückführen.


  • Gegenüber 2007 hat sich die Zahl der Aufstockerinnen um 26 Prozent erhöht. Bei den Männern betrug der Zuwachs 17 Prozent. Zur Grafik

WSI GenderDatenPortal: Grafikblätter zum Thema Arbeitslosigkeit, erarbeitet durch Alexandra Wagner und Peter Sopp, im Auftrag des WSI

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