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HBS Böckler Impuls

Arbeitsmarkt: Jugend ohne Job

Ausgabe 11/2013

Manche Ökonomen bezweifeln, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa ein massives Problem darstellt. Doch dabei vernachlässigen sie wichtige Faktoren.

Daniel Gros, Direktor des Brüsseler Centre for European Policy Studies, findet die Debatte zum Thema Jugendarbeitslosigkeit überzogen: Jugendarbeitslosenraten von aktuell über 60 Prozent in Griechenland führten in die Irre, weil nur ein kleiner Teil der jungen Leute überhaupt arbeite. Das gelte vor allem in der Altersgruppe unter 20: Hier seien nur 9 Prozent aktiv auf dem Arbeitsmarkt, der Rest noch in Ausbildung. Es gehe daher nur um 60 Prozent dieser 9 Prozent, also 6 Prozent aller Teenager. Die Politik solle sich lieber um arbeitslose Familienväter oder alleinstehende Mütter kümmern.

Brigitte Unger hält diese Sichtweise für unangemessen: Tatsache sei, dass zwei von drei griechischen Jugendlichen, die einen Job suchen, keinen finden. Unabhängig davon, wie viele Arbeitssuchende es gibt, sei das ein Problem, warnt die Wissenschaftliche Direktorin des WSI. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit wichen zudem viele junge Menschen aus: in längere Ausbildung, zurück in die Familie oder ins Ausland. Die geringe Anzahl jugendlicher Erwerbspersonen könne also auch eine Folge der Krise sein. Darüber hinaus weise die Situation in Griechenland eine Besonderheit auf: Normalerweise bewegen sich Arbeitslosigkeit und Jugendarbeitslosigkeit parallel – steigt die eine Quote, steigt auch die andere. Die Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland habe sich aber noch wesentlich drastischer entwickelt als die restliche Arbeitslosigkeit, konstatiert Unger. Im Jahr 2012 lag die Quote unter Jugendlichen bei 55 Prozent, bei den 25- bis 64-Jährigen bei 22 Prozent. Dabei habe Jugendarbeitslosigkeit dramatische gesellschaftliche Langzeitfolgen. Ungers Fazit: „Statt über Definitionen der Jugendarbeitslosigkeit zu streiten, sollte politisch gehandelt und das Problem schleunigst bekämpft werden.“

  • Die Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland hat sich wesentlich drastischer entwickelt als die restliche Arbeitslosigkeit. Zur Grafik

Brigitte Unger ist Wissenschaftliche Direktorin des WSI und Wirtschaftsprofessorin an der Universität Utrecht.

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