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Magazin Mitbestimmung

Einkommensteuer: Bitte Mehr Geld für den Staat

Ausgabe 06/2013

Wie die Einkommensteuer fair und gerechet gestaltet werden könnte erläutert im Interview Achim Truger, Professor für Volkswirtschaftslehre.

Herr Truger, Steuererhöhungen sind auch Thema im Bundestagswahlkampf. Wie ließe sich denn die Einkommensteuer gerechter gestalten?

Man sollte sehr hohe Einkommen durch einen höheren Spitzensteuersatz mehr belasten. Vieles, was derzeit diskutiert wird, geht da in die richtige Richtung. Wenn man den Spitzensteuersatz ein paar Prozentpunkte erhöht und gleichzeitig die Grenze, ab der er greift, etwas anhebt, würde man in etwa die oberen fünf Prozent der Einkommensteuerzahler belasten.

Und wie viel Geld könnte der Staat damit mehr einnehmen?

Zwischen fünf und zehn Milliarden Euro. Das hängt natürlich stark von den Stellschrauben ab. Eine objektive Grenze für die Spitzensteuersätze, die sich wissenschaftlich begründen lässt, gibt es nicht. Das ist eine politische Entscheidung, für die es aber einen deutlichen Spielraum gibt. Bis 1998 hatten wir einen Spitzensteuersatz von 53 Prozent, heute liegt er bei 42, inklusive Reichensteuer bei 45 Prozent.

Die oberen zehn Prozent zahlen gut die Hälfte der Einkommensteuer. Wäre es wirklich gerecht, sie noch stärker zu belasten?

Man muss diese Zahlen in die richtigen Relationen setzen. Die besonders Wohlhabenden haben nicht zuletzt deshalb einen hohen Anteil am Einkommensteueraufkommen, weil auch ihr Anteil am Einkommen sehr hoch ist. Hinzu kommt, dass sie von den Steuersenkungen in den vergangenen Jahren besonders profitiert haben. Das etwas zurückzunehmen wäre sicher nicht ungerecht. Zudem darf man nicht vergessen: Die übrigen Steuerarten sind ja nicht progressiv. Würde man sich das gesamte Steueraufkommen anschauen und auch die Sozialabgaben einbeziehen, würde wahrscheinlich herauskommen, dass der Durchschnittssteuersatz mit steigendem Einkommen eher sinkt. Etliche Indizien legen das nahe. Eine wirklich belastbare, umfassende Analyse der Verteilungswirkung des Steuersystems gibt es derzeit aber noch nicht.

Aber würgen Steuererhöhungen nicht das Wirtschaftswachstum ab? Das hört man doch immer wieder.

Die meisten Studien, die es dazu gibt, kommen zu dem Schluss, dass Steuererhöhungen nur einen moderaten Effekt auf die Wirtschaftsentwicklung haben. Es geht bei den Erhöhungen ja auch nur um ein paar Prozentpunkte. Hinzu kommt: Man muss auch die Ausgabenseite mit betrachten. Ein gut ausgestatteter Staat kann auch investieren, etwa in die Infrastruktur. Das kurbelt die Wirtschaft eher an und kommt auch den Unternehmen zugute.

Der BDI fordert die Abflachung des Mittelstandsbauchs. Gemeint ist damit, dass die Steuersätze bis etwa 15.000 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen nicht mehr so stark steigen sollen.

Verglichen mit den 1980er Jahren, aus denen der Begriff stammt, ist der Mittelstandsbauch mittlerweile ein Waschbrett. Natürlich wäre es wünschenswert, gerade kleine und mittlere Einkommen weiter zu entlasten. Am meisten würden davon aber Steuerzahler mit einem Jahreseinkommen von über 40.000 Euro profitieren, und auch die oberen Einkommen würden noch spürbar entlastet. Das würde leicht 20 Milliarden Euro kosten. Der Staat braucht aber mehr und nicht weniger Geld. Solche Forderungen nutzen also vor allem denen, die Steuererhöhungen diskreditieren und den Staat weiter schwächen wollen.

Um an mehr Geld zu kommen, könnte die Politik ja auch die Abgeltungssteuer abschaffen, die pauschal bei 25 Prozent liegt.

Aus meiner Sicht ist diese Steuer eine massive Ungerechtigkeit. Sie ist nichts anderes als eine Privilegierung von Kapitaleinkommen. Aus meiner Sicht sollten etwa Einkommen aus Zinsen genauso besteuert werden wie Löhne. Diese Einkünfte sollten also wieder ganz regulär versteuert werden. Dem Staat würde das gut drei Milliarden Euro bringen. 

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