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Magazin Mitbestimmung

Mein Arbeitsplatz: Das Glück des Möbelmachers

Ausgabe 06/2013

José Carlos Varagan, 45, Möbelschreiner, sägt, schraubt und leimt Möbel zusammen in seiner Heimatstadt Arequipa, einer 840 000-Einwohner-Stadt im Süden Perus, die umgeben ist von mächtigen Vulkanen.

Arequipa, Calle Costa Rica 32 „Die Entscheidung, uns selbstständig zu machen, war das Beste. Schauen Sie sich um: Diese Werkstatt haben wir in den letzten zehn Jahren in kleinen Schritten aufgebaut, und die Geschäfte laufen sehr gut. Dort drüben stehen mehrere Möbel, die meine Frau und ich morgen nach Puno, das ist 200 Kilometer entfernt, ausliefern werden. Das hätten wir uns nie träumen lassen, als wir vor 20 Jahren anfingen, Kleinmöbel auf der Straße zu verkaufen. Damals hatten wir in der Lederfabrik gerade unseren Job verloren, der Betrieb hatte Pleite gemacht, und wir mussten sehen, wie wir unser Geld verdienen. Also haben wir begonnen, aus Altholz und Metall Recyclingmöbel zu basteln, die wir auf der Straße und auf Märkten verkauft haben.

Damit hielten wir uns ein paar Jahre über Wasser. Bis Julia Silva Andia, so heißt meine Frau, dann all ihren Mut zusammennahm und bei der Sparkasse um einen Kredit bat. Für das Finanzielle und die Koordination ist bei uns nämlich meine Frau verantwortlich. Ich arbeite ihr zu, und damals brauchten wir besseres Werkzeug und etwas Material, um produzieren zu können. Die Bitte um den Kleinkredit war unser Versuch, aus der Armut herauszukommen. Und wir hatten Glück. Man bewilligte uns, nein, meiner Frau, schließlich 200 US-Dollar – als Startkapital in die Selbstständigkeit.

Wir zahlten pünktlich zurück, und meine Frau hat dann auch die Folgekredite mit der Bank ausgehandelt, die es uns ermöglichten, ein Grundstück zu kaufen und das Wohnhaus mit der Werkstatt zu bauen. Heute haben wir auch einen Überziehungskredit für das Geschäftskonto, sodass wir ein richtiger Handwerksbetrieb sind. Bisher noch ohne feste Angestellte. Immer wenn es eng wurde, sprangen unsere beiden Kinder, Carlos André und Ana Gabriela, ein. Die studieren jetzt allerdings und werden irgendwann auf eigenen Füßen stehen wollen. So werden wir bald jemanden einstellen müssen, und auch der Ausbau der Werkstatt steht an. Die Leute in Arequipa wollen besser wohnen und bestellen sogar Schrankwände und Vitrinen. Unsere Stadt wächst, und davon profitieren wir.“

Textdokumentation: Knut Henkel

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