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Magazin Mitbestimmung

Rätselhaftes Fundstück: Wie könnte Urlaub sein?

Ausgabe 06/2013

Mit 21 Jahren beteiligt sich Günter Lilge 1951 an einem Plakatwettbewerb des DGB. Das Motiv soll Werbung für die Jugendreisen der Gewerkschaften machen. Für ihn eine "Fata Morgana", denn an eine Reise ans Meer konnte er sich nicht leisten.

Günter Lilge ist ein Kriegskind, ein Flüchtling aus Schlesien, den es mit seiner Mutter nach Opladen verschlagen hat. Einer fehlt – der Vater. Er ist noch in russischer Gefangenschaft und wird erst später zurückkehren. Es ist eine Welt in Trümmern. Das nahe Köln ist noch so kaputt, dass man geradewegs über die Schütthügel in die Stadt geht. Die Rheinbrücken liegen zerbombt im Wasser. Lilges Gedanken kreisen ums Essen, um Arbeit. Manchmal spielt er für eine Mahlzeit Klavier.

Doch er ist auch ein Zeichentalent und nutzt jede Gelegenheit, es unter Beweis zu stellen. Im Jahr 1951, Lilge ist 21 Jahre alt, ruft der DGB in der Zeitschrift „Aufwärts“ dazu auf, ein Plakat für seine Jugendreisen zu entwerfen, für die die Gewerkschaften die Hälfte der Kosten übernehmen: Im Angebot sind Wandertouren am Rhein und in den Alpen oder Strandurlaube an Nord- und Ostsee, übernachtet wird in Jugendheimen oder Zeltlagern. Selbst das bleibt für viele ein Traum. Jugendlichen unter 16 Jahren stehen per Gesetz zweieinhalb, Jugendlichen unter 18 Jahren und Erwachsenen zwei Wochen Urlaub zu. Einige Bundesländer setzen den Mindestanspruch auf vier Wochen herauf. Bayern schafft 1950 eine günstigere Regelung ab und beruft sich unter anderem auf die katholische Jugendfürsorge: Da die Großstadtjugend kaum Geld hätte, ihren Urlaub sinnvoll zu verbringen, sei sie sittlich gefährdet.

„Urlaub war für einen jungen Mann wie mich ein absurdes Wort, eine Fata Morgana“, sagt Lilge heute, im Alter von 83 Jahren. „Ich wusste nicht, was das ist. Ich hatte nur meine Fantasie, um mir vorzustellen, wie es sein könnte.“ Das Ergebnis, ein braun gebrannter Junge mit Strohhut, überzeugt die Jury. Es ist ein Hoffnungszeichen: Die Zukunft wird besser werden. Lilge, der später als Grafiker und Maler erfolgreich ist, erhält ein weinrotes Fahrrad als Prämie. Einmal wird es gestohlen, doch er bekommt einen Tipp und findet es in der Nachbarschaft wieder – zerlegt in Einzelteile und den Rahmen blau lackiert.

Text: Frank Ahland / Kay Meiners

Rätselfragen

- „Pack die Badehose ein“, singt 1951 ein kleines Mädchen – und wird ein Schlagerstar. Wie heißt die Interpretin?

- In welchem Jahr beschloss der Bundestag das heute noch gültige Jugendarbeitsschutzgesetz?

- Welcher DGB-Landesbezirk bietet seit den 70er Jahren unter dem Namen „anders reisen“ Urlaubsreisen für Jugendliche ab 14 Jahren an?

Alle richtigen Einsendungen, die bis zum 1. Juli 2013 bei uns eingehen, nehmen an einer Auslosung teil.

Preise

1. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 50 Euro, 2.–4. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 30 Euro

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Redaktion Mitbestimmung
Hans-Böckler-Straße 39
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E-Mail: redaktion@boeckler.de
Fax: 0211/7778-225

Auflösung der Rätselfragen 5/2013: König Midas – Lehman Brothers – Josef Ackermann

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