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HBS Böckler Impuls

Equal Pay Day: Frauen nicht nur beim Lohn im Nachteil

Ausgabe 05/2013

Bei der Entgeltgleichheit gehört Deutschland zu den Schlusslichtern in Europa. In einzelnen Berufsgruppen beträgt der Verdienstabstand zwischen Männern und Frauen bis zu 31 Prozent.

Europäische Männer haben 2010 im Schnitt 16,2 Prozent mehr verdient als Frauen, teilte die EU-Kommission anlässlich des europaweiten Equal Pay Day mit. Das ist der Tag, an dem Frauen das Jahresgehalt ihrer männlichen Kollegen aus dem vergangenen Jahr eingeholt haben. EU-weit fiel dieser Tag auf den 28. Februar.

Im Jahr 2009 betrug der Verdienstabstand zwischen Männern und Frauen im EU-Durchschnitt noch 17 Prozent. Der leichte Rückgang beim Lohngefälle verdankt sich allenfalls teilweise einer besseren Bezahlung von Frauen: Hauptgrund für die Entwicklung seien sinkende Einkommen der Männer, erklärt EU-Kommissarin Viviane Reding. Denn die Wirtschaftskrise habe sich in vielen Ländern besonders stark auf Branchen mit einem hohen Männeranteil ausgewirkt, wie beispielsweise das Baugewerbe, und dort zu Lohnsenkungen geführt. Zudem arbeiteten mehr Männer in Teilzeit.

Zwischen den Mitgliedstaaten gibt es bei der Entgeltgleichheit große Unterschiede: Am besten kommen im europäischen Vergleich Slowenien, Polen und Italien weg, die Verdienstabstände zwischen 0,9 und 5,3 Prozent aufweisen. Deutschland hinkt mit 22,3 Prozent weit hinterher, nur Österreich und Estland erreichen noch schlechtere Werte. Dementsprechend fällt der Equal Pay Day 2013 hierzulande erst auf den 21. März.

Einzelheiten zur Benachteiligung von Arbeitnehmerinnen in Deutschland lassen sich dem Webportal lohnspiegel.de entnehmen, das vom WSI-Tarifarchiv betreut wird. Rund 16.000 Personen haben den Lohnspiegel-Fragebogen 2012 ausgefüllt, darunter 5.600 Frauen. Die Befragung stelle zwar keine repräsentative Stichprobe dar, so der Leiter des WSI-Tarifarchivs Reinhard Bispinck. Sie liefere aber durchaus verlässliche Anhaltspunkte. Der Unterschied beim durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst der befragten Frauen und Männer beträgt bei gleicher Arbeitszeit rund 21 Prozent, deckt sich also in etwa mit den Zahlen der EU-Kommission. Das Ausmaß der Entgeltungleichheit schwankt mit dem Alter der Beschäftigten: Bei jüngeren Frauen zwischen 25 und 30 Jahren liegt der Abstand bei 15 Prozent, bei Frauen zwischen 36 und 40 Jahren bei 19 Prozent und in der Altersgruppe zwischen 51 und 55 Jahren erreicht er gut 25 Prozent.

Der Einkommensrückstand von Frauen lässt sich fast über das gesamte Berufsspektrum beobachten, allerdings mit erheblichen Unterschieden. Er reicht von 3 Prozent bei den Technischen Zeichnern über 9 Prozent bei Juristen, 18 Prozent bei Chemielaboranten, 28 Prozent bei Versicherungskaufleuten bis zu 31 Prozent bei Zahntechnikern. Nur in wenigen Berufen liegt das Einkommen der Frauen über dem der Männer. So verdienen Softwareingenieurinnen 2 und Informatikerinnen 5 Prozent mehr als ihre Kollegen.

Nicht nur beim monatlichen Gehalt, sondern auch bei Sonderzahlungen haben Frauen das Nachsehen: Fast 57 Prozent der Männer haben nach eigenen Angaben eine Sonderzahlung in Form eines Weihnachtsgeldes erhalten, Frauen dagegen nur zu rund 52 Prozent. Von den männlichen Beschäftigten bekamen gut 50 Prozent Urlaubsgeld, von den weiblichen lediglich 39 Prozent. Männer konnten sich zu 21 Prozent über eine Gewinnbeteiligung freuen, Frauen dagegen nur zu 11 Prozent.

Während fast die Hälfte der Männer angab, im vergangenen Jahr von ihrem Arbeitgeber eine Weiterbildung bekommen zu haben, sind es bei den Frauen mit gut 45 Prozent etwas weniger. Frauen gaben dagegen öfter an, im gleichen Zeitraum eine Weiterbildung selbst finanziert zu haben, nämlich zu 20 Prozent im Vergleich zu knapp 16 Prozent bei den Männern. Rund ein Fünftel der Frauen, aber fast 31 Prozent der Männer geben an, dass sie in dem Betrieb, in dem sie arbeiten, einmal befördert worden sind.

28 Prozent der Frauen mit Hochschulabschluss haben eine Führungsposition. Bei den Männern sind es 43 Prozent. Weibliche Führungskräfte erhalten auch bei gleicher Hierarchiestufe ein deutlich geringeres Gehalt. Frauen mit Hochschulabschluss bekommen als Abteilungsleiterinnen einen Lohn, der im Schnitt 21 Prozent unter dem von Männern in derselben Position liegt.

  • Fast über das gesamte Berufsspektrum lässt sich ein Einkommensrückstand von Frauen beobachten Zur Grafik

Europäische Kommission: Tackling the gender pay gap in the European Union (pdf), Februar 2013; Internetportal lohnspiegel.de

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