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Magazin Mitbestimmung

Interview: „Haltung des DHL-Vorstandes absolut nicht nachvollziehbar“

Ausgabe 03/2013

Andrea Kocsis, stellvertretende ver.di-Vorsitzende und Leiterin des Fachbereichs Postdienste, Spedition und Logistik, über die antigewerkschaftlichen Praktiken der Post-Tochter DHL.

Kürzlich haben die Internationale Transportarbeitergewerkschaft und UNI Global Union eine Beschwerde wegen Verletzung der OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen im Wirtschaftsministerium in Berlin eingelegt – wirkt Das?

Wir sind in beiden Verbänden Mitglied und waren an der Beschwerde beteiligt, die wir für angemessen halten. Sie ist überfällig gewesen angesichts der zusammengetragenen Belege aus Ländern wie Kolumbien, Indien oder der Türkei. Bisher ist die Beschwerde aber nur zur Kenntnis genommen worden. Noch ist nichts passiert.

In Einigen Ländern sind Lügendetektoren eingesetzt worden. Ist so etwas auch in Deutschland denkbar?

Das verneint das Unternehmen. Wir fragen natürlich regelmäßig nach, müssen dem auch erst einmal Glauben schenken. Es gibt eine Diskussion auf Arbeitgeberseite, ob man dieses Mittel dort, wo es rechtlich zulässig ist, weiter nutzen will oder nicht. Wir als ver.di vertreten die klare Position, dass wir den Einsatz von Lügendetektoren nicht tolerieren können und werden – egal in welchem Land.

DHL weigert sich, ein globales Abkommen abzuschließen – warum?

Das Thema steht seit Jahren auf der Tagesordnung. Der DHL-Vorstand hat sich immer wieder gesprächsbereit gezeigt, positioniert sich aber international nicht zu den Gewerkschaften. Das ist das Grundproblem. Für mich ist die Haltung des DHL-Vorstandes absolut nicht nachzuvollziehen.

Wie erklären Sie sich die Diskrepanz zwischen dem Auftreten von DHL in Deutschland und im Rest der Welt?

DHL tritt in Deutschland sicherlich anders auf, weil wir in Deutschland ausgesprochen gut organisiert sind und Einfluss haben. Das ist in anderen Ländern oft anders. Dort gibt es andere Gesetze, andere Bedingungen. Die DHL sagt als Leitsatz: Wir halten uns überall an die nationale Gesetzgebung. Das ist uns von ver.di allerdings deutlich zu wenig. Wir wollen, dass die in Deutschland gepflegte Sozialpartnerschaft Vorbildcharakter für andere Länder hat.

DHL setzt im Ausland stark auf Leiharbeiter. Droht das Gleiche in Deutschland?

Die Strategie ist nicht neu und hat längst in Deutschland Fuß gefasst – vor allem im Logistikbereich. Das ist eine globale Entwicklung.

Die Fragen stellte Knut Henkel

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