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HBS Böckler Impuls

Arbeitsmarkt: Kündigungsschutz hilft über die Krise hinaus

Ausgabe 18/2011

Während der Wirtschaftskrise ist das Wachstum in Deutschland stark eingebrochen. Die Beschäftigung blieb jedoch stabil. Die Regulierung des Arbeitsmarktes trug entscheidend zur guten Job-Bilanz bei.

Die jüngste Wirtschaftskrise hat die Industrienationen der Welt ungefähr zeitgleich erfasst. Ausmaß und Länge der wirtschaftlichen Flaute waren jedoch sehr unterschiedlich – und auch die jeweilige Entwicklung am Arbeitsmarkt. So sank die Wirtschaftsleistung in den USA weniger stark als im OECD-Durchschnitt. Dennoch verloren enorm viele US-Amerikaner ihre Jobs. In Deutschland war genau das Gegenteil der Fall.

Forscher des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) haben umfassende Wirtschaftsdaten von 29 zumeist industrialisierten Staaten zusammengestellt. Anhand dieser ermittelten sie mithilfe multivariater Verfahren, welche Faktoren den Ausschlag gaben für die äußerst unterschiedliche Krisenperformance der Arbeitsmärkte. Ihr Ergebnis: Den stärksten – positiven – Einfluss auf die Entwicklung der Beschäftigung hatten Gesetze zum Schutz der Arbeitnehmer, also zum Beispiel der deutsche Kündigungsschutz.

Weiterhin stellen sie einen positiven Zusammenhang fest zwischen der Arbeitsmarktperformance und einer starken Teilzeitquote vor der Krise sowie dem Ausmaß aktiver Arbeitsmarktpolitik, gemessen am Anteil entsprechender Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt.

„Die eindeutig positive Wirkung des Kündigungsschutzes auf die Entwicklung des Arbeitsmarktes während der Krise mag im Licht der Flexicurity-Debatte überraschen“, merken die WIFO-Forscher an. Sowohl die OECD als auch die EU-Kommission propagierten seit Langem, dass eine hohe Flexibilität am Arbeitsmarkt die Anpassung an die jeweilige ökonomische Entwicklung erleichtere. Dies lasse sich anhand der vorliegenden Forschungsergebnisse jedoch nicht bestätigen.

Wie wirkt sich eine gute Arbeitsmarktbilanz während der Wirtschaftskrise auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung aus? Auch diese Frage beschäftigte die Wiener Wissenschaftler. Denn regulierte Arbeitsmärkte, so die Annahme von EU-Kommission und OECD, konservierten überkommene Strukturen und hemmten somit das Wirtschaftswachstum.

Zur Überprüfung dieser These berechneten die Forscher, welche Auswirkungen die Arbeitsmarktentwicklung während der Krise auf die Wachstumsraten für 2011 und 2012 hat. Dazu zogen sie die Konjunkturprognosen der OECD heran. Für 2011 gilt: Eine gute Arbeitsmarktperformance während der Krise hat einen starken positiven Einfluss auf das Wirtschaftswachstum nach der Krise. Im Jahr 2012 verringert sich dieser Effekt, ist aber immer noch vorhanden.

Gerade in Staaten wie Deutschland, Österreich und den Niederlanden, wo der wirtschaftliche Einbruch enorm, der Arbeitsmarkt aber relativ stabil war, erholte sich die Konjunktur bereits 2010, mit guten Prognosen für 2011, so die Autoren. Die Beschäftigung wird 2012 laut den Vorhersagen der OECD in allen drei Ländern höher sein als vor der Krise. In den Vereinigten Staaten, Spanien und Portugal hingegen, wo in der Krise viele Arbeitnehmer ihren Job verloren, bleibt die Arbeitslosigkeit hoch.

„Besonders während einer schweren Rezession neigen Unternehmen dazu, einen Großteil ihrer Beschäftigten zu entlassen“, so die Forscher. Der dadurch entstehende Verlust an Humankapital scheine die potenziellen Kosten einer verzögerten Anpassung an den strukturellen Wandel zu übersteigen. „Eine den Arbeitsmarkt stabilisierende Politik hilft also dabei, starke konjunkturelle Einbrüche schneller zu überwinden, bei geringeren sozialen Kosten.“

  • Eine gute Arbeitsmarktperformance während der Krise hat einen starken positiven Einfluss auf das Wirtschaftswachstum nach der Krise. Besonders hilfreich: Gesetze zum Schutz der Arbeitnehmer. Zur Grafik

Karl Aiginger, Gerard Thomas Horvath, Helmut Mahringer: Why Labour Market Performance Differed Across Countries. The Impact of Institutions and Labour Market Policy, WIFO Working Paper, Heft 396/2011.

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