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HBS Böckler Impuls

Corporate Governance: Vorstände nicht nur Aktionären verpflichtet

Ausgabe 18/2008

Unternehmensvorstände sind nicht nur den Kapitalgebern verpflichtet, sondern ebenso den Arbeitnehmern und der Allgemeinheit - auch wenn das im vergangenen Jahrzehnt in Vergessenheit geraten ist. Eine Präzisierung des Aktiengesetzes würde Klarheit schaffen.

Vielen Vorständen gilt die Maximierung des Shareholder ­Value als höchstes Gebot. Diese einseitige Orientierung widerspricht jedoch den Vorstellungen des Gesetzgebers bei der Verabschiedung des Aktiengesetzes. Darauf weist der Jura-Professor Gerald Spindler in einem Gutachten für die Hans-Böckler-Stiftung hin. Zwar enthält das 1965 beschlossene Aktiengesetz anders als seine Vorläufer keinen ausdrück­lichen Hinweis auf die Interessen der Beschäftigten und das Gemeinwohl. Doch dies liegt Spindler zufolge vor allem daran, dass die damalige Regierung nicht die Möglichkeit einkalkulierte, Vorstände könnten einen Tunnelblick auf den Börsenkurs entwickeln. So heißt es in der Gesetzesbegründung: Dass der Vorstand "die Belange der Aktionäre und der Arbeitnehmer zu berücksichtigen hat, versteht sich von selbst und braucht nicht ausdrücklich im Gesetz bestimmt zu werden. Gleiches gilt für die Belange der Allgemeinheit."

Nach Spindlers Auffassung gilt dieses "pluralistische Unternehmensinteresse", das der Vorstand zu verfolgen habe, bis heute fort. Allerdings sei in den letzten Jahren ein anderes Konzept in Konkurrenz zu der traditionellen Vorstellung getreten: Mit der zunehmenden Orientierung der Aktiengesellschaften am Kapitalmarkt und der Globalisierung der Kapitalmärkte habe sich der Shareholder-Value-Gedanke auch in gesellschaftsrechtliche Diskussionen eingeschlichen.

Gewisse Anhaltspunkte einer Anteilseignerorientierung kann man dem Gutachten zufolge im 1998 erlassenen Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) finden. Eine "völlige Neuorientierung" könne daraus aber keinesfalls abgeleitet werden, schreibt der Rechtswissenschaftler.

Dennoch würde eine ausdrückliche Erwähnung der Interessen von Beschäftigten und Allgemeinheit im Aktiengesetz mehr Rechtssicherheit schaffen. Eine entsprechende Bestimmung lediglich in den Corporate-Goverance-Kodex aufzunehmen, hält Spindler hingegen nicht für sinnvoll, weil die Regelung dann als Empfehlung nur für börsennotierte Unternehmen gelten würde.  

  • Die Entlohnung von Unternehmensvorständen richtet sich zu einem großen Teil nach wirtschaftlichen Erfolgskennziffern – also nach den Interessen der Aktionären. Zur Grafik

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