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Homeoffice: Gut, wenn der Rahmen stimmt Böckler Impuls

Arbeitswelt: Homeoffice: Gut, wenn der Rahmen stimmt

Ausgabe 02/2020

Homeoffice kann Arbeitnehmer entlasten. Dafür müssen Arbeitgeber und Vorgesetzte allerdings die richtigen Voraussetzungen schaffen. 

Wer die Möglichkeit hat, einen Teil der Arbeit von zu Hause aus zu erledigen, ist zufriedener als Beschäftigte ohne Homeoffice. Auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf kann leichter fallen. Das hängt allerdings stark von den Rahmenbedingungen ab. So kommt es beispielsweise darauf an, wie ausgeprägt die Präsenzkultur im Unternehmen ist und wie die Beschäftigten ihr Verhältnis zum Vorgesetzten einschätzen. Eine wichtige Rolle spielt auch, ob die Möglichkeit, zu Hause zu arbeiten, vertraglich geregelt ist. Außerdem sollten für alle Beschäftigten die gleichen Regeln gelten, nach denen Leistung bewertet wird. Das geht aus einer Studie von Yvonne Lott hervor. Die WSI-Forscherin stützt sich auf Befragungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung aus den Jahren 2014 und 2015 zu den Erfahrungen von Beschäftigten mit Homeoffice. 

 

Die Vorteile der Arbeit im Homeoffice liegen auf der Hand: Wer Kinder betreuen oder einen Angehörigen pflegen muss, der hat dafür mehr Zeit. Auch für Weiterbildung und Ehrenämter vergrößern sich die Spielräume. Der Studie zufolge geben 52 Prozent der Beschäftigten an, dass sich die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben durch Homeoffice verbessert. Heimarbeit kann aber auch zusätzlichen Druck erzeugen; vor allem, wenn sie im Unternehmen als nicht selbstverständlich gilt. Dann können sich Beschäftigte im Homeoffice verpflichtet fühlen, mehr leisten zu müssen und über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu arbeiten. Knapp 50 Prozent der Befragten sagen, dass die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmt.

 

Welche Erfahrungen überwiegen, ist laut Lott in hohem Maße abhängig von der Unternehmenskultur. In Betrieben, die sich durch eine Reihe von Maßnahmen aktiv für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einsetzen, profitieren Beschäftigte stärker von der Heimarbeit. So beträgt die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit, ausschließlich gute Erfahrungen mit Homeoffice zu machen, in Betrieben, die Aufstiegsmöglichkeiten für Teilzeitkräfte bieten, 49 Prozent. In Betrieben, die den Frauenanteil in Führungspositionen durch flexible Arbeitszeiten fördern, liegt die Wahrscheinlichkeit bei 42 Prozent. Ohne diese Maßnahmen sind es im Durchschnitt knapp 31 beziehungsweise 28 Prozent.

 

Vorgesetzte haben ebenfalls einen großen Einfluss darauf, wie Beschäftigte im Homeoffice die Vereinbarkeit zwischen Beruf und Privatleben erleben. Geben Arbeitnehmer an, dass sie ihr Vorgesetzter überhaupt nicht gerecht behandelt, beträgt die Wahrscheinlichkeit einer ausschließlich guten Erfahrung im Schnitt knapp vier Prozent. Stimmen sie der Aussage voll und ganz zu, dass ihr direkter Vorgesetzter sie bei allen Aspekten der Arbeit gerecht behandelt, liegt die durchschnittliche Wahrscheinlichkeit für eine „gute Vereinbarkeitserfahrung“ bei knapp 53 Prozent.

 

Auch die Arbeitszeiten sind wichtig: Homeoffice innerhalb der normalen Arbeitszeit ist der Work-Life-Balance erwartungsgemäß zuträglicher als in der Freizeit. Und ganze Tage zu Hause zu arbeiten, ist förderlicher als stundenweise. Die Wahrscheinlichkeit für ausschließlich gute Erfahrungen beträgt 53 Prozent mit ganzen Tagen gegenüber 29 Prozent mit einzelnen Stunden im Homeoffice. „Beschäftigte, die nur stundenweise zu Hause arbeiten, nutzen Homeoffice wahrscheinlich eher um Arbeit nachzuholen oder vorzubereiten“, so Lott.

 

Daneben spielt die Formalisierung eine Rolle: Ist Homeoffice vertraglich geregelt, machen 46 Prozent der Arbeitnehmer durchweg gute Erfahrungen, ohne vertragliche Regelung – etwa bei informellen Absprachen – sind es 32 Prozent. Allerdings arbeiten bisher nur 17 Prozent der Beschäftigten im Homeoffice auf Basis einer vertraglichen Regelung.

 

„Die bisherige Forschung zeigt, dass Beschäftigte, die im Homeoffice arbeiten, einsatzbereiter und zufriedener mit ihrem Job sind“, lautet das Fazit der Wissenschaftlerin. Bereits die Möglichkeit, zu Hause arbeiten zu können, erhöhe Zufriedenheit und Produktivität. Von zentraler Bedeutung dabei sei, dass das Arbeitsumfeld von Fairness geprägt ist. Führungskräfte sollten Beschäftigte, die ihre Arbeitszeiten an außerberufliche Bedarfe anpassen, als gleichwertige Mitarbeiter anerkennen. Das klingt selbstverständlich, ist es in der Praxis aber nicht überall: Vorgesetzte beurteilten Beschäftigte im Homeoffice häufig nicht nach ihrer tatsächlich erbrachten Leistung. Wer zu Hause arbeitet, müsse negative Bewertungen fürchten – häufig seien davon Frauen betroffen, schreibt Lott. Wichtig sei daher, dass für alle Beschäftigten innerhalb eines Betriebs – egal ob vor Ort oder im Homeoffice – allgemeingültige Kriterien gelten, nach denen die Arbeit beurteilt wird. Betriebsvereinbarungen und ein gesetzliches Recht auf Homeoffice könnten dabei helfen, dass Beschäftigte eine bessere Work-Life-Balance erleben. 

Yvonne Lott: Work-Life Balance im Homeoffice: Was kann der Betrieb tun? (pdf), WSI-Report Nr. 54, Januar 2020 

 

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