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Bahlsen Betriebsrätepreis Magazin Mitbestimmung

Transformation: Wandel nutzen, Arbeit verbessern

Ausgabe 06/2019

Der technische Fortschritt verändert viele Arbeitsplätze. Arbeitnehmervertretungen und Gewerkschaften in allen Branchen sorgen dafür, dass die Beschäftigten nicht auf der Strecke bleiben. Von Annette Jensen, Fabienne Melzer, Andreas Molitor, Joachim F. Tornau

 

Endlich Entgeltgleichheit bei Bahlsen

Von wegen Frauen können nur Kekse einpacken! Solche Gedanken wollte Betriebsrätin Manuela Haase gar nicht erst aufkommen lassen. „Wir haben den Frauen von Anfang an gesagt: Das schafft ihr schon, wir zeigen es den Männern.“ Sie haben es den Männern gezeigt und Maschinenführerin gelernt. „Frauen, die 20 Jahre lang Kekse eingepackt haben, sind jetzt Expertinnen für 15 Maschinen“, sagt Manuela Haase, Betriebsratsvorsitzende in Varel. „Sie haben sich enorm entwickelt, auch finanziell.“ Mit der Qualifizierung stiegen sie zwei Entgeltstufen nach oben, dahin, wo die meisten ihrer Kollegen längst waren. Die Entgeltlücke zwischen Männern und Frauen – bei Bahlsen in Varel ist sie überwunden.

Anke Bössow, bei der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) zuständig für die Initiative Lohngerechtigkeit, sieht den Wandel der Arbeitswelt grundsätzlich als Chance. „Wenn wir den Wandel nutzen und unsere Themen wie die Bewertung der Arbeit rechtzeitig setzen, können wir Arbeit besser und gerechter machen.“ 

Bei Bahlsen in Varel rollte vor neun Jahre eine Automatisierungswelle durchs Werk. Hatten bis dahin Frauen Kekse per Hand auf Qualität geprüft und in Schachteln gepackt, übernahmen diese Arbeit nun Roboter. Statt Kekse einpacken galt es nun, Maschinen zu warten, Funktionen zu prüfen, Störungen zu erkennen und zu beseitigen. „Es gab Stimmen gegen eine Qualifizierung der Frauen“, sagt Manuela Haase, „manche sprachen ihnen unterschwellig den technischen Sachverstand ab.“

Fast 20 Jahre saß Daniela de Wall am Band und packte Kekse ein. Als sie hörte, dass Roboter ihre Arbeit übernehmen sollen, dachte sie nur: „Das können Maschinen nicht.“ Heute bedient sie diese Roboter und weiß: Sie können es erstaunlich gut. Gezielt greifen sie nach den guten Plätzchen und lassen zu kleine, zu dunkle oder kaputte Kekse auf dem Band liegen. Daniela de Wall kontrolliert, ob die Arme richtig greifen, prüft die Einsätze und die Waage an der Maschine. „Wenn die Anlage stehen bleibt, muss ich nach dem Grund suchen. Meine Arbeit ist abwechslungsreicher geworden“, sagt die 50-Jährige. Vor den Maschinen hatte sie keine Angst. Dennoch war es für sie keine schöne Zeit, als die Produktion umgestellt wurde. Nicht alle Frauen konnten zur Maschinenführerin ausgebildet werden. Das Unternehmen strich 40 Arbeitsplätze.

Immerhin 100 Frauen konnten sich qualifizieren, und besonders stolz ist Betriebsratsvorsitzende Manuela Haase immer noch auf die höhere Eingruppierung. „Früher kamen Frauen automatisch in die niedrigste Entgeltstufe. Das ist vorbei.“ Auch weil der Betriebsrat an dem Thema dranbleibt. Zweimal pro Jahr überprüfen sie die Entgelte. Bei den außertariflichen Zulagen soll es schließlich ebenfalls gerecht zugehen.

  • Polizeidrohne im Einsatz
    Polizeidrohne im Einsatz

Digitale Spurensuche bei der Polizei in Berlin

Ein Novemberabend im Berliner Stadtteil Wilmersdorf. Bereits zum dritten Mal fährt ein Streifenwagen die gleiche Straße entlang. Ein Algorithmus hat die in der Vergangenheit deutlich gestiegene Zahl von Einbrüchen in diesem Viertel verarbeitet und daraus die Wahrscheinlichkeit weiterer Einbrüche berechnet. Die örtliche Polizeidirektion entschied daraufhin, dort abends verstärkt Streife fahren zu lassen. „Predictive Policing“ heißt die Technik, die bei der Berliner Polizei seit zwei Jahren eingesetzt wird.

Die Polizei wird digitaler – durch digitale Landkarten für Raubüberfälle oder Wohnungseinbrüche, durch Tablets für – bald – jeden Polizisten, durch Drohnen, die Unfall- oder Tatorte aus der Luft fotografieren. Früher musste dafür ein Beamter mit dem Fotoapparat eine Leiter erklimmen. Zurzeit finde ein Paradigmenwechsel statt, so Denis Schubert, im NRW-Innenministerium für Digitale Kompetenzen im Bereich der Polizei zuständig. „Die Polizisten kommen nicht zur Technik auf die Wache, sondern die Technik kommt zum Polizisten auf die Straße raus.“

Die NRW-Polizei wird mit 20 000 Smartphones ausgestattet. Mit einer Auskunftsapp kann sie Daten abgleichen. Ein Dokumentenscanner nutzt künstliche Intelligenz zum Einlesen von Personalausweisen, Führerscheinen oder Autokennzeichen. Die Polizisten vor Ort wissen künftig sofort: Wen habe ich vor mir? Gibt es ausstehende Haftbefehle? Wo befinden sich meine Kollegen? Gibt es für den Fingerabdruck einen Treffer in unseren Datenbanken?

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßt das forschere Digitalisierungstempo. „Besonders die jungen Leute, die bei uns anfangen, erwarten moderne Technik“, sagt Rainer Axer, Mitglied des NRW-Landesvorstands der Gewerkschaft. Bedenken, die Technik könnte möglicherweise die Oberhand gewinnen, hat er nicht. „Digitale Technik hilft den Kollegen, aber am Ende entscheidet nicht die Software, sondern der Mensch.“ 

Ohne den geht es auch in der digitalen Ära nicht. Predictive Policing beispielsweise, erklärt Norbert Cioma, bleibe ein stumpfes Schwert, „wenn wir keine Beamten haben, die regelmäßig dort Streife fahren, wo die Software uns eine hohe Wahrscheinlichkeit für Straftaten anzeigt“. Auch bei der Analyse großer Datenmengen, sagt Denis Schubert, „sind Spezialisten gefragt, die Erfahrungen einbringen und Bewertungen vornehmen können“. Die Gewerkschaft treibt in punkto Digitalisierung nicht zuletzt die Fortbildung voran. Keine Kollegin, kein Kollege darf zurückbleiben. Für Rainer Axer, auch Mitglied des Polizei-Hauptpersonalrats im NRW-Innenministerium, gilt der Grundsatz: „Solange es kein Ausbildungskonzept gibt, lassen wir keine neue Technologie oder Anwendung zu.“

  • Protestaktion der bfz-Beschäftigten für bessere Arbeitsbedingungen (Foto: GEW)

Mindestlohn in einer schwierigen Branche bei den Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz)

Wenn es um den Weg in die Arbeitswelt der Zukunft geht, herrscht in wohl kaum einem Punkt so viel Einigkeit wie in diesem: Weiterbildung ist entscheidend. Aber spiegelt sich die allseits beschworene Bedeutung des lebenslangen Lernens auch in den Arbeitsbedingungen der Lehrenden? Ganz und gar nicht, sagt Kristin Gehrt-Bisch, stellvertretende Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats bei den Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz). Von immer weiter steigender Arbeitsbelastung bei gleichzeitig fehlender Wertschätzung berichtet das Mitglied der Bildungsgewerkschaft GEW – und von einer technischen Ausstattung, die noch lange nicht im Zeitalter der Digitalisierung angekommen ist.

„Wir benutzen immer noch Kreidetafeln“, sagt Gehrt-Bisch. Meist gebe es nur einen einzigen Raum mit Computern plus eine Handvoll Laptops zum Ausleihen. „Ich bin seit neun Jahren dabei“, erzählt die Sozialpädagogin. „In dieser Zeit hat sich nichts verändert.“ Der Gesamtbetriebsrat hat die Forderung nach einer zeitgemäßen Ausstattung deshalb jetzt ganz oben auf seine Agenda gesetzt. Aber Fortschritte durchzusetzen ist schwer. Denn Weiterbildung ist in Deutschland chronisch unterfinanziert – insbesondere wenn sie, wie es auch bei den meisten Angeboten der bfz der Fall ist, vom Staat bezahlt wird.

Der Weiterbildungsträger, der vor allem von der Arbeitsagentur geförderte Bildungsmaßnahmen durchführt, beschäftigt an 22 Standorten insgesamt 3600 Menschen. Wie in der Branche üblich, haben viele von ihnen nur befristete Verträge oder arbeiten gar auf Honorarbasis. Wie prekär die Lage ist, zeigt der größte Erfolg, den GEW und ver.di für das pädagogische Personal bei Trägern wie den bfz erringen konnten: Seit 2012 gilt ein allgemeinverbindlicher Mindestlohn, der zwar regelmäßig angehoben wird, aber trotzdem um rund 20 Prozent unter der Bezahlung im öffentlichen Dienst liegt. Vom 1. Januar 2020 an gibt es gut 16 Euro pro Stunde. Verhandlungen über einen weiterführenden Branchentarifvertrag liegen seit etlichen Jahren auf Eis.

Die GEW sieht deshalb den Staat in der Pflicht. Die Gewerkschaft fordert ein Bundesweiterbildungsgesetz, mit dem unter anderem die Finanzierung verbessert werden soll. Außerdem sollen Weiterbildungseinrichtungen nur noch dann als Auftragnehmer der Arbeitsagentur akkreditiert werden, wenn sie Vorgaben bei Lohn und Arbeitsbedingungen einhalten. „Die Lehrkräfte in der Weiterbildung“, sagt Ansgar Klinger, GEW-Vorstandsmitglied für berufliche Bildung und Weiterbildung, „müssen endlich ihrer Aufgabe und Qualifikation angemessen beschäftigt und bezahlt werden.“ 

  • Solvay-Werk in Sachsen-Anhalt (Foto: gettyimages/Carsten Koall)

Faire Betriebsratsgehälter bei Solvay

Die Sorge, sich mit einem Engagement in der Interessenvertretung Aufstiegschancen zu vermasseln, ist auch den Beschäftigten bei Solvay nicht fremd, einem belgischen Chemiekonzern, der rund 27 000 Menschen in 58 Ländern beschäftigt. Zwar ist der Verwaltungsrat an der Spitze des belgischen Unternehmens nicht mitbestimmt, aber der soziale Dialog und ein gutes Verhältnis zur Belegschaft gehören zur Unternehmenskultur. Daher wollen die Gewerkschaften und das Management der sinkenden Bereitschaft, sich zu engagieren, etwas entgegensetzen.

In Frankreich, wo die meisten Solvay-Beschäftigten arbeiten, begannen Verhandlungen, wie sich die während der Freistellung erworbenen Fähigkeiten auf dem Gehaltszettel niederschlagen könnten. Im Jahr 2018 konnte der Europäische Betriebsrat eine Rahmenvereinbarung abschließen, die weltweit umgesetzt werden soll. Geplant ist, dass Kommissionen aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern sowie einer neutralen Stelle entstehen. Gemeinsam evaluieren sie die Fähigkeiten, die die Beschäftigtenvertreter durch ihre Tätigkeit hinzugewonnen haben.

Bisher bemisst sich das Gehalt von Arbeitnehmervertretern im Konzern an der Vergleichsgruppe, die die Berufskollegen erhalten. Es ändert sich auch dann nicht, wenn die Arbeitnehmervertreter sich weiterbilden, Führungskompetenz erwerben und komplexe Verhandlungen führen. „Sie sind in ihrer Vergleichsgruppe gefangen“, sagt Albert Kruft, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats von Solvay in Deutschland und Sekretär des Europäischen Betriebsrats. 

Das soll anders werden – auch in Deutschland, wo die Betriebsratsarbeit auch von Freigestellten ein Ehrenamt ist. Die Geschäftsführung und der Gesamtbetriebsrat haben in diesem Jahr eine an die deutsche Rechtslage angepasste Regelungsabrede getroffen – dazu hatten Juristen der IG BCE geraten. Norbert Kluge, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung sagt: „Darin wird anerkannt, dass man als Betriebsrat eine Laufbahn und eine Karriere machen kann. Das ist wichtig für die öffentliche Diskussion um Betriebsratsgehälter.“

Im Januar 2020 werden die acht überwiegend freigestellten Solvay-Betriebsräte erstmals evaluiert, danach alle zwei Jahre. In der Kommission sitzt auch die Wissenschaftlerin Simone Hocke, eine Expertin für berufliche Perspektiven von Betriebsräten. Bei der Evaluation werden die Stärken und die Defizite der Betriebsräte besprochen und gegebenenfalls Weiterbildungen vereinbart. Wer zusätzliche Kompetenzen erworben hat, kann dann auch mehr verdienen – transparent und leistungsgerecht. 

Während eine gesetzliche Regelung noch auf sich warten lässt, geht Solvay mit gutem Beispiel voran. Für sein Engagement erhielt der Solvay-Gesamtbetriebsrat in diesem Herbst den Betriebsräte-Preis.

  • Pronorm-Betriebsrat Peter Engel (Mitte) mit Kolleginnen und Kollegen (Foto: Patrick Pollmeier/IG Metall)

Qualifizierte Belegschaft bei Pronorm

Digitalisierung? Betriebsrat Peter Engel hat nicht damit gerechnet, dass ihn das Thema noch betrifft. „Ich bin fast 60. Ich dachte, bis das kommt, bin ich in Rente.“ Seit drei Jahren steckt der Betriebsratsvorsitzende des Einbauküchenherstellers pronorm in Vlotho mittendrin in der Digitalisierung. Angefangen hatte es mit dem Angebot der IG Metall, an dem Projekt Arbeit 2020 teilzunehmen. Mithilfe einer Betriebslandkarte können sich Betriebe einen Überblick verschaffen, wo sie in Sachen Digitalisierung stehen und welche Probleme es gibt.

Engel wollte vor allem eine Frage beantworten: Was macht Digitalisierung mit den Menschen, die hier arbeiten? Das Ergebnis: Kommt drauf an, wo sie in Sachen Digitalisierung stehen. „Während in manchen Abteilungen die Arbeit fast noch per Hand erledigt wird, sind andere, wie der Verkauf, schon sehr weit“, sagt Engel. Dort schicken die Kunden ihre Aufträge inzwischen direkt ans System, das wiederum ohne menschliches Zutun Material bestellt und Liefer- und Versandtermine festlegt.

Zunächst fürchtete der Betriebsrat, dass dadurch Arbeitsplätze verloren gehen. Doch im Gegenteil: Es wurden mehr Leute eingestellt, auch weil das Unternehmen wuchs. Die Arbeit nahm zu und hat sich verändert. Fragten die Beschäftigten früher häufiger bei Kunden wegen einer Bestellung nach, müssen sie jetzt mehr kontrollieren und überwachen. „Die Bearbeitung der Aufträge ist zwar etwas einfacher geworden“, sagt Engel, „aber es müssen auch mehr Aufträge in der gleichen Zeit bearbeitet werden.“

Das waren einige Antworten, die der Betriebsrat durch das Projekt bekam. Nun brauchte er Lösungen: „Zum einen müssen wir die Beschäftigten qualifizieren. Für die Verwaltung haben wir dazu eine Qualifizierungsmatrix erstellt“, sagt Engel. „Zum anderen müssen wir die Belastungen begrenzen.“

Eins hat sich schon während des Projekts verbessert: die Informationspolitik. Frank Branka von der IG Metall Herford betreut pronorm und beschreibt den Umgang vor dem Projekt als wenig kommunikativ, es habe eher Ansagen gegeben. „Das war für die Beschäftigten ein wichtiges Thema“, sagt Branka. „Durch unsere Workshops hat das Unternehmen gesehen, wie wichtig es ist, Beschäftigte früh zu informieren und zu beteiligen.“ Nur wer weiß, wie sich sein Arbeitsplatz verändert, fühlt sich sicher. Nur wer sich sicher fühlt, wird Veränderungen mitgehen.

Schließlich kann die Digitalisierung eine Dynamik entwickeln, mit der auch Betriebsrat Engel nicht gerechnet hat. „Man unterschätzt das einfach, was es bedeutet, wenn irgendwo eine neue Maschine aufgestellt wird.“

  • Zentrale der AOK Nordost in Potsdam (Foto: AOK)

KI-Einsatz ohne Kündigungen bei der AOK

Die AOK Nordost gilt als ein Digitalisierungsvorreiter unter den Allgemeinen Ortskrankenkassen. Das Transformationsprogramm zielt darauf ab, dass künftig Maschinen viele Routinearbeiten erledigen. „Der Vorstand will das Wort nicht hören, aber natürlich geht es um Rationalisierung“, sagt Sylvia Schramm, Vorsitzende des Gesamtpersonalrats. Trotzdem tragen sie und ihre Kolleginnen die Entwicklung prinzipiell mit. Die Krankenkasse für Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern war kurz nach der Wende mit einer jungen Belegschaft gestartet – und die kommt nun ins Rentenalter. In den kommenden fünf Jahren wird sich fast ein Viertel der 5400 Beschäftigten in den Ruhestand verabschieden. „Es gibt heute gar nicht so viele Fachkräfte auf dem Markt, um alle zu ersetzen“, konstatiert die 57-jährige Personalrätin. Mithilfe von ver.di ist es gelungen, eine Dienstvereinbarung abzuschließen. Sie legt fest, dass die Schrumpfung ohne betriebsbedingte Kündigungen abläuft. Beschäftigte, deren Tätigkeiten wegfallen, haben ein Recht auf Qualifizierung – müssen allerdings auch dazu bereit sein. Außerdem dürfen sie künftig nicht schlechter bezahlt werden als gegenwärtig.

Bis vor zwei Jahren landeten Anträge noch in Papierform auf den Schreibtischen der rund 100 AOK-Servicestellen, inzwischen ist alles digital verfügbar. In Standardfällen, bei denen alle Daten vorliegen, soll künftig eine „Dunkelverarbeitung“ stattfinden: Das System entscheidet selbstständig. Das soll die Sachbearbeiter und -bearbeiterinnen von monotonen Tätigkeiten entlasten und die Arbeitsverdichtung reduzieren, die sich aufgrund fehlender Nachbesetzungen bereits bemerkbar macht. Außerdem wird die Arbeit interessanter, weil sich die Fachkräfte künftig nur noch mit den komplizierteren Fällen beschäftigen müssen.

Die Transformation ins Digitalzeitalter verläuft bei der AOK Nordost in Wellen. Die Recherchephase, bei der in Workshops alle Arbeitsprozesse durchleuchtet werden, sollte eigentlich bis Ende 2019 erledigt sein, wird jetzt aber um ein halbes Jahr verlängert. Untersucht wird, wo es im Alltag nicht rundläuft und welche Tätigkeiten sinnlos Zeit kosten. „Die ständigen Veränderungen werden vielen langjährig Beschäftigten allerdings zu viel“, berichtet Schramm. Auch manche Geringqualifizierte kämen an ihre Grenzen. Stresspegel und Krankenstand seien gegenwärtig hoch. Doch der Personalrat und viele Beschäftigte setzen auch Hoffnung auf die Neuerungen und erwarten langfristig Entlastungen. 

Die Transformation wird auch neue Tätigkeiten mit sich bringen. Insbesondere die IT-Abteilung muss aufgestockt werden. Zugleich wurden aber auch Hilfskräfte eingestellt, die die Papierpost einscannen.

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