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Warum die Soli-Abschaffung ein Fehler ist Böckler Impuls

Steuern: Warum die Soli-Abschaffung ein Fehler ist

Ausgabe 19/2019

Die teilweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags kostet Milliarden und begünstigt vor allem Besserverdiener. Noch schädlicher wäre es, die Abgabe ersatzlos zu streichen, zeigt eine Analyse des IMK.

Die meisten Bundesbürger müssen ab 2021 keinen Solidaritätszuschlag mehr zahlen. Das hat der Bundestag beschlossen. Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen profitierten davon allerdings kaum, konstatiert Katja Rietzler vom IMK in einer Stellungnahme für den Finanzausschuss des Bundestages. Die weitgehende Abschaffung komme vor allem Besserverdienern zugute, die bislang den allergrößten Teil des Solidaritätszuschlags aufgebracht haben und künftig kaum noch etwas beitragen müssen. Zum Vergleich: Aktuell zahlen die 30 Prozent der Bevölkerung mit den höchsten Einkommen fast 90 Prozent des gesamten Aufkommens.

 

Was die teilweise Abschaffung des Soli konkret bedeutet: Ein Ehepaar mit zwei Kindern, das ein Haushalts-Bruttoeinkommen von weniger als 57 000 Euro erzielt, müsste bereits nach heute geltendem Recht keinen Solidaritätszuschlag zahlen. Diese Familie hat also keinerlei Vorteil von der Abschaffung im Jahr 2021. Viele Steuerzahler mit hohen Einkommen werden dagegen entlastet. Einzige Ausnahme sind die absoluten Top-Verdiener, die den Soli weiterhin zahlen sollen. Sie machen aber nur etwa vier Prozent der heutigen Zahler aus. 

 

Soli-Einnahmen fehlen für öffentliche Investitionen

 

„Der Solidaritätszuschlag ist eine sehr progressive Steuer“, betont Rietzler. Aus verteilungspolitischer Sicht sei auch die teilweise Abschaffung „kritisch zu sehen“. Noch schädlicher wäre es, den Soli ersatzlos zu streichen, also auch für Spitzenverdiener – dies fordert aktuell die FDP. Bereits die Steuerreformen zwischen 1998 und 2015 hätten unter dem Strich nur die oberen 30 Prozent der Haushalte entlastet, während die unteren 70 Prozent draufzahlen mussten. „Will man wirklich Bezieher unterer und mittlerer Einkommen entlasten, so gäbe es dafür zielgenauere Maßnahmen wie beispielsweise die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge bei gleichzeitiger stärkerer Steuerfinanzierung der sogenannten versicherungsfremden Leistungen in den Sozialversicherungen“, so die IMK-Forscherin.

 

Sie hält die Teilabschaffung des Solidaritätszuschlags auch aus einem weiteren Grund für problematisch: Allein im Jahr 2021 würden Steuereinnahmen in Höhe von zehn Milliarden Euro wegfallen, die der Bund für öffentliche Investitionen oder die Entlastung der Sozialversicherung gut gebrauchen könnte. Eine Abschaffung des Soli stelle schon bei guter Konjunktur eine große Herausforderung dar, in einer Schwächephase wäre kein finanzieller Spielraum mehr übrig.

 

Katja Rietzler: Teilabschaffung des Solidaritätszuschlags – geringe Entlastung am unteren Ende (pdf), Schriftliche Stellungnahme für die Anhörung des Finanzausschusses am 4.11.2019, IMK Policy Brief, November 2019 

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