Projektbeschreibung
Kontext
Das Sozialrecht und das Arbeitsrecht wirken in vielfältiger Weise aufeinander ein. Dies macht sich der Gesetzgeber in vielen Fällen durchaus bewusst zunutze und versucht über die sozialrechtliche Gestaltung die durch das Arbeitsrecht verfolgte Zielsetzung zu unterstützen und zu intensivieren. Idealerweise tragen beide in kohärenter Weise zur Erfüllung arbeitsmarktpolitischer Zielsetzungen bei. Die Abstimmung des privatrechtlich ausgerichteten Arbeitsrechts und des verwaltungsrechtlich ausgerichteten Sozialrechts erfolgt jedoch nicht immer reibungsfrei. So wird die arbeitsrechtliche Zielsetzung, dass befristete Arbeitsverträge die Ausnahme und unbefristete die Regel sein sollen, kaum sozialrechtlich begleitet. Die Ausgestaltung des Zumutbarkeitsrechts (§ 10 SGB II, § 140 SGB III) schafft, um ein weiteres Beispiel zu nennen, Fehlanreize, insoweit aufstockende Grundsicherungsleistungen in gering entlohnten Beschäftigungen bereits bei der Preisbildung einkalkuliert werden.
Fragestellung
Der Gesetzgeber gestaltet oft, ohne wechselseitige Konsequenzen im Arbeits- und Sozialrecht zu berücksichtigen. Derartige kontraproduktive Regelungen wurden herausgearbeitet und systematisiert. Ausgehend von den rechtspolitischen Leitbildern der Gesetzgebung und dem verfassungs- und europarechtlichen Rahmen wurden die rechtlichen Fehlanreize ermittelt und Vorschläge erarbeitet, die das Potential besitzen, diese zu beseitigen. Dies geschah auf den Feldern, in denen es in den letzten Jahren und Jahrzehnten Veränderungen in der Arbeitswelt gegeben hat, die sich auf das Arbeitsrecht ausgewirkt haben. Gerade in diesen Bereichen besteht die besondere Gefahr, dass der rechtspolitisch an sich intendierte Sozialschutz der Arbeitnehmer auf der Strecke bleibt. Exemplarisch wurden in den Blick genommen:
- zunehmende Verdrängung des Normalarbeitsverhältnisses,
- Erosion der Tarifbindung,
- Zunahme diskontinuierlicher Erwerbsbiografien
Untersuchungsmethoden
- Untersuchung juristischer Anreizwirkungen
- historisch-teleologische Aufdeckung von rechtspolitischer Zielsetzungen
- Rückgriff auf empirische Wirtschafts-, Sozial- und Politikforschung
- partiell rechtvergleichende Untersuchung
- Praxisdiskurse
Darstellung der Ergebnisse
Fehlanreize wurden aufgedeckt im Teilzeitrecht, insbesondere bei geringfügiger Beschäftigung, bei befristeten Arbeitsverträgen, Aufstockungsleistungen im bestehenden Arbeitsverhältnis, Ein-Euro-Jobs und Solo-Selbstständigkeit. Dazu wurde ein Bündel von Maßnahmen zur besseren Abstimmung unterbreitet. Mit Blick auf diskontinuierliche Erwerbsbiografien und ertragsschwache Beschäftigungsverhältnisse sind verschiedene Maßnahmen zur Stärkung der Rentenanwartschaften geboten. Außerdem wurden Vorschläge zur Vermeidung von Arbeitsmarktrenten sowie besseren Nutzbarkeit von Flexirenten erarbeitet. Bei allen Untersuchungen hat sich gezeigt, dass arbeitsrechtlich verursachte Problemlagen in erster Linie auch dort angepackt werden sollten, um nachhaltige Lösungen zu ermöglichen und auszuschließen, dass privates Wirtschaften auf Kosten der Steuer- oder Beitragszahler erfolgt, was freilich weder Wechselwirkungen infrage stellt, noch dass Lösungen auch im Sozialrecht gesucht werden. Qualifizierung und Stärkung der Tarifautonomie erweisen sich als zentrale Elemente. Dazu wurden etwa Vorschläge für Bildungsfreistellungsansprüche oder zur Unzumutbarkeit untertariflicher Arbeitsbedingungen entwickelt.