Projektbeschreibung
Kontext
Um mit den absehbaren strukturellen und technologischen Umbrüchen mithalten zu können, wird man seine beruflichen Qualifikationen regelmäßig auffrischen und erweitern oder sogar einen neuen Beruf erlernen müssen. Um eine Beschäftigung bis zum höheren Renteneintrittsalter zu mindestens auf dem gleichen Qualifikationsniveau sicher zu stellen, wird Weiterbildung auch in der letzten Phase des Erwerbslebens an Bedeutung gewinnen. Die Rentenreformen müssen also bildungspolitisch unterfüttert werden. Gleichzeitig hat die Arbeitsplatzunsicherheit durch den wachsenden Anteil prekärer Beschäftigungsformen vor allem für jüngere Beschäftigte deutlich zugenommen; sie erleben mehr als andere Beschäftigte unfreiwillige Arbeitsplatzwechsel. Der Übergang in eine stabile neue Tätigkeit gelingt häufig nur über eine Weiterbildung. Schließlich ist unser Bildungssystem am unteren Ende denkbar schlecht aufgestellt. Fast 20 Prozent der nachwachsenden Generation treten ins Berufsleben ohne Ausbildung ein.
Fragestellung
Zum Ausbau der öffentlichen Förderung von Weiterbildung liegen unterschiedliche Vorschläge vor: Die Stärkung der Arbeitsmarktpolitik und des BAföG’s, Weiterbildungsfonds, persönliche Erwerbstätigenkonten oder eine subventionierte Bildungsteilzeit oder Bildungsfreistellung. Diese Vorschläge werden meistens unabhängig voneinander diskutiert, auch wenn sie die gleiche Zielgruppe anvisieren und um die gleichen knappen öffentlichen Mittel konkurrieren. Wegen dieser Überschneidungen können nicht alle Vorschläge zugleich umgesetzt werden. Für ein schlüssiges Gesamtsystem müssen Prioritäten gesetzt werden. In diesem Gutachten wurden daher die Stärken und Schwächen der unterschiedlichen Förderinstrumente an Hand der im Detail wenig bekannten Erfahrungen in Schweden, Frankreich und Österreich und ihrer Anschlussfähigkeit an die deutsche Förderkulisse untersucht.
Untersuchungsmethoden
Die Untersuchung stützt sich auf die Analyse wissenschaftlicher Evaluationen und verfügbarer Dokumente in Deutschland, Frankreich, Österreich und Schweden sowie insgesamt sechs Interviews mit Experten_innen aus den drei genannten anderen EU-Ländern. Ziel der Untersuchung ist es, die Instrumente auf ihre Komplementarität bzw. Überschneidungen sowie auf ihre Übertragbarkeit in den deutschen Kontext zu überprüfen. Leitschnur bei der Prioritätensetzung waren die sieben Kriterien. Lebenslauforientierung, Soziale Gerechtigkeit, Inklusivität der Förderung, Vermeidung von Überschneidungen oder Crowding-Out-Effekten, politische Umsetzbarkeit und die Einhaltung der Tinbergen-Regel (ein Instrument für jedes Ziel).
Darstellung der Ergebnisse
Vorgeschlagen wird erstens die Weiterentwicklung des BAföG zu einem System der individuellen Förderung lebenslangen Lernens mit Altersgrenzen wie in Schweden, zweitens der Ausbau der investiven Arbeitsmarktpolitik mit stärkerer Förderung abschlussbezogener Maßnahmen, einem über dem Arbeitslosengeld liegenden Weiterbildungsgeld, einem Fachkräftestipendium wie in Österreich und einem Transformationskurzarbeitergeldes zur Förderung der Weiterbildung bei strukturellen Krisen und drittens eine Erhöhung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung um einen von den Unternehmen zu tragenden Prozentpunkt und die Einrichtung eines Weiterbildungsfonds in der Leiharbeitsbranche wie in Frankreich.