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HBS Böckler Impuls

Alterssicherung: Länger arbeiten für wenig Rente

Ausgabe 13/2017

Die Abkehr von der Lebensstandardsicherung in der Rentenversicherung hat für viele Beschäftigte ernsthafte Konsequenzen: Um über das Grundsicherungsniveau zu kommen, sind immer mehr Beitragsjahre oder höhere Stundenlöhne nötig.

Wenn das Rentenniveau wie bislang vorgesehen gesenkt wird, wird es auch für qualifizierte Beschäftigte mit mittlerem Einkommen schwieriger, sich eine gesetzliche Rente oberhalb der Grundsicherungs- oder der Armutsgefährdungsschwelle zu erarbeiten. Das gilt insbesondere, wenn man statt des traditionellen Konzepts des „Eckrentners“ mit 45 Beitragsjahren und Durchschnittsverdienst kürzere Versicherungsverläufe zugrunde legt – die heute und wahrscheinlich auch in Zukunft realistischer sind, insbesondere bei Frauen. Dass die Veränderungen erheblich sein werden, illustrieren neue Modellrechnungen des WSI-Forschers Florian Blank. Zwei Beispiele:

Beim aktuellen Rentenniveau von rund 48 Prozent des Durchschnittsentgelts erhält eine tariflich bezahlte Alten- oder Krankenpflegerin nach gut 25 Beitragsjahren eine Rente oberhalb der Grundsicherung im Alter. Würde dagegen bereits das für 2045 prognostizierte Rentenniveau von knapp unter 42 Prozent gelten, hätte sie erst nach rund 29 Beitragsjahren einen Rentenanspruch über der Grundsicherung. 

Ein Rentner mit 45 Beitragsjahren in Vollzeit muss beim aktuellen Rentenniveau im Durchschnitt 11,42 Euro pro Stunde brutto verdienen, um die Grundsicherungsschwelle zu überschreiten. Würde schon das für 2045 prognostizierte Rentenniveau gelten, wären dafür mindestens 13,06 Euro nötig.

„Eine Stabilisierung oder Anhebung des Rentenniveaus ist dringend geboten, um für alle Einkommensgruppen die Lohnersatzfunktion der Renten und damit die Legitimität der Rentenversicherung sicherzustellen“, so Rentenexperte Blank. Beides sei akut gefährdet, wenn langjähriger Beitragszahlung keine gesetzliche Rente deutlich über dem Grundsicherungsniveau gegenübersteht. Damit würde die tragende Säule des deutschen Alterssicherungssystems weiter beschädigt.

Das Rentenniveau zu stabilisieren oder anzuheben, sei zwar „kein Instrument zur Bekämpfung von Altersarmut bei Niedrigverdiensten oder stark fragmentierten Erwerbsverläufen“, betont der WSI-Forscher. „Entsprechende Reformen würden aber verhindern, dass sich immer mehr Menschen, für die das bislang kein Thema ist, um ihren Lebensstandard im Alter Sorgen machen müssen.“

  • Nach der aktuellen Gesetzeslage dürfte das Rentenniveau bis zur Mitte des Jahrtausends deutlich sinken. Zur Grafik

Florian Blank: Das Rentenniveau in der Diskussion, WSI-Policy Brief Nr. 13, August 2017 

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