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HBS Böckler Impuls

Konjunktur: Brexit bremst das Wachstum

Ausgabe 12/2016

Großbritanniens Ausscheiden aus der EU bremst auch die deutsche Wirtschaft. Die Arbeitslosenquote dürfte 2017 wieder steigen.

Der Brexit kostet die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr kaum Wachstum. 2017 verschärfen sich die Auswirkungen aber deutlich – das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) nimmt um einen halben Prozentpunkt weniger zu, als es ohne das britische Votum für einen EU-Austritt der Fall wäre. Das macht sich auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Während der private Konsum als derzeit zentrale Säule des Wachstums recht stabil bleibt, bricht die Investitionsdynamik abrupt wieder ab. Zu diesem Ergebnis kommt die neue Konjunkturprognose des IMK. Danach wächst das deutsche Bruttoinlandsprodukt 2016 um 1,6 Prozent und 2017 um 1,3 Prozent.

Auf den deutschen Arbeitsmarkt wirkt sich die Eintrübung in diesem Jahr geringfügig, 2017 dann aber spürbar aus: Trotz Zuwanderung sinkt die Zahl der Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt 2016 noch einmal leicht um 60.000 Personen. 2017 nimmt sie bei weiter steigender Beschäftigung wegen des wachsenden Arbeitsangebots und der wirtschaftlichen Abkühlung um rund 290.000 Personen zu und liegt dann im Jahresdurchschnitt wieder knapp über drei Millionen.

„Die kurzfristigen Auswirkungen des Brexit sind in Deutschland nicht katastrophal, aber doch schmerzlich genug“, sagt Gustav Horn, wissenschaftlicher Direktor des IMK. „Die deutlich gewachsene Unsicherheit trifft uns an einem ganz empfindlichen Punkt: Gerade sah es so aus, als ob die Unternehmen ihre hartnäckige Zurückhaltung bei den Investitionen langsam aufgeben würden. Das dürfte sich jetzt erledigt haben.“ Für 2017 prognostizieren die Ökonomen, dass die Ausrüstungsinvestitionen nur noch um 0,8 Prozent zulegen, nach bereits mäßigen 4 Prozent in diesem Jahr. „Außerdem bleibt ein relevantes Risiko, dass sich die Turbulenzen an den Finanzmärkten nicht in nächster Zeit beruhigen, sondern sich bis 2018 fortsetzen. Dann könnte das deutsche Wachstum im kommenden Jahr sogar knapp unter ein Prozent rutschen“, erklärt Horn. Das IMK plädiert in dieser Situation dafür, die lange vernachlässigten öffentlichen Investitionen zu steigern, etwa in den Bereichen Infrastruktur, Bildung und Energieeffizienz. Damit könnten sie auch den Unternehmensinvestitionen dringend benötigte Impulse verleihen. Dies wäre dem IMK zufolge auch ohne Brexit schon sinnvoll gewesen und derzeit leicht zu bewerkstelligen: „Die Bedingungen für höhere öffentliche Investitionen sind denkbar günstig“. Schließlich müsse der deutsche Staat selbst für Kredite mit langen Laufzeiten derzeit praktisch keine Zinsen zahlen.

Allenfalls in einer Hinsicht könne man dem Brexit etwas Gutes abgewinnen, schreiben die IMK-Forscher: Wenn die Importe schneller wachsen als die Ausfuhren, bremse das die Zunahme des hohen deutschen Leistungsbilanzüberschusses. Die konsumgestützte Konjunktur sei „robuster und insofern nachhaltiger, als sie nicht zu einer Verschärfung der bestehenden außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte beiträgt“, schreiben die Forscher. Das sei in einer Phase deutlich erhöhter Unsicherheit durch den Brexit besonders wichtig.

Stärker als Deutschland dürfte nach der Analyse der Forscher nicht nur Großbritannien selbst unter dem EU-Austritt zu leiden haben. Auf dem Umweg über die Finanzmärkte könnten die Finanzierungsschwierigkeiten von Staaten und Unternehmen in Südeuropa wieder zunehmen. Simulationsrechnungen zeigen, dass Italien in die Stagnation fallen und sich die griechische Rezession noch einmal deutlich verschärfen könnte.

  • Der Brexit dämpft Europas Wachstum. Zur Grafik

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