zurück
HBS Böckler Impuls

Konjunktur: Mit halber Kraft voraus

Ausgabe 20/2015

Steigende Löhne und niedrige Zinsen stützen die Wirtschaft. Für einen kräftigen Aufschwung reicht das aber noch nicht.

Mit einem Plus von 1,7 Prozent hat sich die deutsche Wirtschaftsleistung 2015 ordentlich, aber nicht besonders dynamisch entwickelt. Im kommenden Jahr geht es ebenfalls gemächlich voran. Dann dürfte der Zuwachs bei 1,8 Prozent liegen. Dies ist das Ergebnis der jüngsten Konjunkturprognose des IMK.

Auf der Habenseite sehen die Wirtschaftsforscher „die seit 2011 beschleunigte Lohndynamik“. Die Löhne stiegen „in bemerkenswerter Stetigkeit“, was unter anderem dem Mindestlohn geschuldet sei. In Kombination mit wachsender Beschäftigung und sehr niedrigen Inflationsraten führt dies zu hohen realen Einkommenszuwächsen, die sich in kräftigem Konsum niederschlagen. Letzterer sorgt wiederum für weitere Beschäftigung und Einkommen. Die Kaufkraft der Arbeitnehmer ist in diesem Jahr um etwa 3,5 Prozent gestiegen.

Unvermindert sind zudem die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und des ganzen Euroraums. Nicht zuletzt wegen des schwachen Euros sind hiesige Produkte in anderen Teilen der Welt günstig. Entsprechend wächst Deutschlands Exportindustrie solide. Da im Euroraum laut IMK weiter mit einer expansiven Geldpolitik zu rechnen ist, während die Zinsen in den USA bald wieder anziehen könnten, dürfte sich an dieser Konstellation so schnell nichts ändern.

Allerdings stehen den günstigen auch konjunkturdämpfende Faktoren entgegen. Auf der Exportseite verhindern schwächelnde Schwellenländer schnelleres Wachstum. Hinzu kommen die anhaltenden wirtschaftlichen Ungleichgewichte im Euroraum. Im Inland fehlt es an privaten wie öffentlichen Investitionen. Solange sich dies nicht ändere, bleibe die deutsche Wirtschaft im unteren Drehzahlbereich, so das IMK. Die nächste Verschärfung der Eurokrise könnte sie leicht aus der Bahn werfen und im schlimmsten Fall bis in die Deflation rutschen lassen.

Immerhin rechnen die Wirtschaftsforscher angesichts steigender Einkommen und niedriger Zinsen mit Zuwächsen bei den privaten Bauinvestitionen. Stabilisierend dürften sich auch zusätzliche Staatsausgaben für die zwei Millionen Flüchtlinge auswirken, die in diesem und im kommenden Jahr in Deutschland erwartet werden. Den Arbeitsmarkt werden die Asylsuchenden nach der IMK-Prognose nicht merklich belasten. Für das nächste Jahr sagen die Wissenschaftler einen durchschnittlichen Anstieg der Arbeitslosenzahl um gerade einmal 20.000 Personen voraus.

  • Konsum und Masseneinkommen sind die derzeit die wichtigsten Stützen der Wirtschaft. Zur Grafik

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen