zurück
Magazin Mitbestimmung

Mein Arbeitsplatz: Polizist in der Krise

Ausgabe 07/2015

Fotinos Pagiavlas, 32, ist Verkehrspolizist in der griechischen Hauptstadt Athen. Er steht nahe dem Parlament auf einer verkehrsreichen Kreuzung in der Altstadt und regelt den Verkehr.

Athen, Leoforos Vasilissis Sofias/Ecke Rigilis "Mich mitten auf eine viel befahrene Straße in der Hauptstadt Griechenlands zu stellen, macht mir nichts aus. Es ist ja mein Beruf. Ich bin seit 13 Jahren bei der griechischen Polizei. Mein Traumberuf war es nicht von Anfang an. Schon in der Schule habe ich immer gehört, dass die griechische Polizei keinen guten Ruf hat. Das wollte ich ändern, dabei die Welt ein bisschen besser machen. Meine tägliche Aufgabe ist es, die Verkehrssicherheit auf den Straßen von Athen sicherzustellen. Dazu gehören Fahrzeugkontrollen, den Verkehr in Stoßzeiten zu regeln, Falschparker zu verwarnen und die Verkehrsregelung bei Demonstrationen und Veranstaltungen im Zentrum Athens. 

Griechenland befindet sich seit Jahren in der Krise. Das spüre ich auch bei meinen Kollegen. Seit 2010 hat sich der Druck auf die Beamten stark erhöht. Es hat viele gewalttätige Demonstrationen gegeben mit vielen Schwerverletzten auf beiden Seiten. In Griechenland sind 35 000 Polizisten in der nationalen Gewerkschaft organisiert. Ich selber bin gewählter Gewerkschaftsvertreter in Athen. Aufgrund meiner Dienstjahre würde mein Gehalt normalerweise rund 1300 Euro netto betragen. Wegen der Krise und der damit verbundenen Einsparungen hat sich mein Gehalt auf 1000 netto reduziert. Und das bei einer Sechstagewoche mit je sechs Stunden Dienst. Da ich keine eigene Familie habe und kein Haus oder einen Kredit abbezahlen muss, komme ich mit dem Geld aus. Andere Kollegen kommen nicht damit aus und werden wegen des finanziellen und psychischen Drucks körperlich krank oder depressiv. Auch weiß ich von Selbstmorden unter den Kollegen und Todesfällen durch plötzliches Herzversagen aufgrund des enormen Drucks. Ich engagiere mich ehrenamtlich für Randgruppen und nehme an verschiedenen Projekten gegen Diskriminierung teil. Durch diesen Austausch wurde mir klar, dass wir unsere Stereotypen aufgeben müssen und uns für die die Rechte von Migranten oder Menschen mit Behinderungen einsetzen müssen. Das ist laut Verfassung ja schließlich eine grundsätzliche Aufgabe der Polizei."  

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen