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HBS Böckler Impuls

Öffentlicher Dienst: Leistungsprämien bleiben umstritten

Ausgabe 07/2014

Seit einigen Jahren können Kommunen ihren Beschäftigten Leistungsprämien zahlen. Die Begeisterung für die neuen Möglichkeiten hält sich in Grenzen – bei Arbeitgebern wie Arbeitnehmern.

Zwei Prozent eines Monatsentgelts können laut Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) derzeit nach Leistungskriterien ausgeschüttet werden, sofern eine entsprechende Dienstvereinbarung zustande kommt. Werner Schmidt und Andrea Müller vom Tübinger Forschungsinstitut für Arbeit, Technik und Kultur haben, gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung, untersucht, welche Erfahrungen Kommunen bislang mit Leistungsprämien gemacht haben. Fazit: Die „Einführung von leistungsorientierter Bezahlung im deutschen öffentlichen Dienst“ müsse „in der Fläche als weitgehend gescheitert gelten“.

Die Studie beruht auf einer Befragung von Arbeitgebern und Personalräten in mehr als 1.000 Kommunen sowie von gut 3.000 Beschäftigten. In 55 Prozent der untersuchten Gemeinden kommt die tarifliche Möglichkeit der leistungsorientierten Bezahlung (LOB) zum Einsatz. 59 Prozent der Beschäftigten können damit bei entsprechender Bewertung Leistungsprämien erhalten. In den übrigen Kommunen werden die als Leistungsentgelt gedachten Mittel pauschal ausgeschüttet.

Die Meinungen zu LOB gehen weit auseinander, wie die Untersuchung zeigt. Dabei folgen die Einschätzungen nicht dem einfachen Schema: Arbeitgeber dafür, Arbeitnehmer dagegen. In Kommunen ohne LOB haben sich keineswegs nur die Personalräte gegen eine Einführung gesträubt. In 57 Prozent dieser Fälle waren auch die Arbeitgeber keine Befürworter von Prämiensystemen. Unter den Beschäftigten des öffentlichen Dienstes herrscht ebenfalls Uneinigkeit. „LOB ist eine gute Sache“, meinen 36 Prozent; „Ich bin gegen LOB“, sagen 37 Prozent. Andere „dulden“ das System.

Fraglich ist, was Leistungsentgelt im öffentlichen Dienst unter dem Strich überhaupt bewirkt, so die Wissenschaftler. Weniger als die Hälfte der Arbeitgeber berichtet von positiven Auswirkungen auf Motivation und Leistung. Wenn Effekte wahrgenommen werden, dann sind diese nur schwach ausgeprägt. In dieser Hinsicht ähneln sich die Angaben von Arbeitgebern und Personalräten. Zwar haben Anforderungen und erbrachte Arbeitsleistungen in der jüngeren Vergangenheit deutlich zugenommen. Das hat jedoch kaum etwas mit LOB zu tun. Die Gründe sehen die Befragten vor allem in Haushaltsengpässen, Stellenabbau und neuen Aufgaben, für die keine zusätzlichen Kollegen eingestellt werden.

Nach wie vor unbefriedigend ist in vielen Kommunen die Qualität der Leistungsmessung. Im ungünstigsten Fall werden diejenigen, die nicht die volle Prämie erhalten, stärker demotiviert als die Belobigten beflügelt. Dazu passt, dass 70 Prozent der betroffenen Beschäftigten, 60 Prozent der Personalräte und sogar 54 Prozent der Arbeitgeber berichten, „Neid und Konkurrenzdenken“ hätten durch LOB zugenommen.

Viel hängt offenbar von der konkreten Umsetzung ab. So wird deutlich, dass Zielvereinbarungen ein besseres Instrument sind als bloße Beurteilungen durch Vorgesetzte – die nicht immer nach nachvollziehbaren Kriterien erfolgen.

Mehrheitlich sehen die Befragten Änderungsbedarf bei der leistungsorientierten Bezahlung, konstatieren Schmidt und Müller. Bloß: „Es besteht keine Einigkeit darüber, was verändert werden soll.“ Dies mache Reformen schwierig. Letztlich zeige sich hier der Geburtsfehler der LOB: Die Regelung im TVöD war seinerzeit „nicht Ausdruck eines gemeinsamen Willens der Tarifparteien“, sondern ein Kompromiss, dem die Gewerkschaft zustimmte, um den Flächentarifvertrag zu retten.

  • Leistungsorientierte Bezahlung stößt nicht einmal bei den Arbeitgebern auf ungeteilte Zustimmung. Arbeitnehmer äußern sich noch seltener positiv. Zur Grafik
  • Leistungsorientierte Bezahlung stößt nicht einmal bei den Arbeitgebern auf ungeteilte Zustimmung. Arbeitnehmer äußern sich noch seltener positiv. Zur Grafik

Werner Schmidt, Andrea Müller: Leistungsentgelt in den Kommunen: Praxis einer umstrittenen Regelung, in: WSI-Mitteilungen 2/2014

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