Forschungsprojekt: Subjektivierte Leistungspolitik

Leistungspolitik unter der Bedingung subjektivierter Arbeit

Projektziel

Das Projekt will neue Formen betrieblicher Leistungssteuerung und -kontrolle unter dem Signum einer "subjektivierten Leistungspolitik" analyisieren und zu einer branchenübergreifenden Gesamtschau verdichten.

Projektbeschreibung

Kontext

In der betrieblichen Leistungspolitik ziehen neue Leistungsbemessungssysteme (z.B. Zielvereinbarungen, flexibilisierte Arbeitszeitpolitik) ein, es wird Arbeitsleistung neu definiert und ein ergebnisorientierter Leistungsbegriff etabliert. Vor dem legitimatorischen Hintergrund einer vermeintlichen Sachzwanglogik globalisierter Ökonomie führen die Entwicklungen letztlich zu einer verstärkten Subjektivierung von Arbeit und damit zu einer 'subjektivierten Leistungspolitik'. Selbst Strategien einer wieder verstärkt tayloristisch orientierten Organisation von Produktionsarbeit (z.B. Automobilmontage) schließen subjektivierende Elemente ein. Betriebliche Leistungspolitik stellt sich als enorm variantenreich und widersprüchlich dar. Wissenschaftliche Analyse wie Gestaltungsmacht vor Ort erscheint gleichermaßen schwierig. Daher bedarf es einer Analyse der neuen Formen betrieblicher Leistungspolitik, die die zugrunde liegenden Konzeptionen integriert.

Fragestellung

Zum Thema existiert eine Vielzahl von Studien, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln Erkenntnisse zu Fragen der subjektivierten Leistungspolitik beitragen. Diese Vielfalt, die einerseits wissenschaftlichen Moden, andererseits einer branchenbezogenen Spezialisierung der Forschenden (Kultur, Medien, IT-Industrie, Automobilbau, Dienstleistung etc.) geschuldet ist, lässt eine analytisch stringente Durchdringung der Phänomene insgesamt vermissen. Ziel des Projektes ist es, dieses Dickicht durch eine Meta-Analyse der Forschung zum Wandel der Erwerbsarbeit zu lichten. Untersucht wird, welche Formen der Vermarktlichung betrieblicher Steuerungsprozesse identifiziert werden, welche Übereinstimmungen und Differenzen sich hinsichtlich der betrieblichen Leistungspolitik finden und welche Gefährdungen bzw. Potenziale festgestellt werden. Bilanziert werden soll auch, wie die Arbeitenden auf verstärkte Selbststeuerung reagieren und welche Konsequenzen damit für die Interessenvertretung entstehen.

Untersuchungsmethoden

Schwerpunkt des Projektes sind sekundäranalytisch orientierte vergleichende Literaturstudien zum Themengebiet Subjektivierung von Arbeit und betriebliche Leistungspolitik im Bereich sozialwissenschaftlicher Arbeitsforschung der letzten Dekade. Diese werden ergänzt durch ausgewählte branchenspezifische Expertengespräche. In Kooperation mit der Förderin wurde ein eintägiger Workshop vorbereitet und durchgeführt, der VertreterInnen aus Wissenschaft und Verbänden aus unterschiedlichen Branchen selbst einschließt. Mit der angestrebten Bandbreite sollen die häufig rein branchenbezogenen Erkenntnisse zu Gunsten einer überspannenden Perspektive erweitert und eine praxisbasierte analytische Gesamtschau ermöglicht werden.

Darstellung der Ergebnisse

Die Literaturstudie bilanziert den Subjektivierungsdiskurs der letzten Dekade als lohnende Perspektive auf eine sich verändernde Arbeitswelt; gleichwohl sind ihr neben allgemeinen Problemen der Ausblendung (u.a. Stichwort Prekarisierung, Arbeitsmarkt) leistungspolitisch bedeutsame Blindstellen eigen:

- es fehlt u.a. an der Bestimmung branchen- und arbeitstypischer Verhältnisse von subjektivierten bzw. fordistischen Arbeitsformen,

- die Begrifflichkeit von subjektivierter Leistungspolitik ist unterkomplex.

Die anschließend dargestellten branchentypischen Entwicklungen illustrieren spezifische leistungspolitische Wege, die in der Tendenz konvergieren:

- gewerbliche und öffentliche Bereiche der Arbeitswelt nähern sich bezüglich vieler leistungspolitischer Dimensionen einander an,

- Aufgaben leistungspolitischer Akteure, der betrieblichen Interessenvertreter, aber auch der institutionellen Akteure, verändern sich,

- übergreifende Konzepte stehen erst am Anfang.

Mit diesen Entwicklungen sind u.a. programmatische Konsequenzen für die Arbeitsforschung verbunden, die insbesondere die branchenbezogene Abschottung in Einzelstudien überwinden muss.

Projektleitung und -bearbeitung

Projektleitung

Prof. Dr. Hildegard Maria Nickel
Humboldt-Universität zu Berlin Philosophische Fakultät III
Institut für Sozialwissenschaften
nickel@sowi.hu-berlin.de

Prof. Dr. Ingo Matuschek
Hochschule der Bundesagentur für Arbeit (HdBA)
ingo.matuschek@hdba.de

Kontakt

Christina Schildmann
Hans-Böckler-Stiftung
Forschungsförderung
Christina-Schildmann@boeckler.de

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen